Cirksena

Aus Norder Stadtgeschichte
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Cirksena

Basisdaten
Ersterwähnung 1367
Einflussbereich Ostfriesland
Stammsitz Norden (bis 1439)

Emden (1439-1595)

Aurich (1595-1744)

Die Cirksena waren das über Jahrhunderte das bedeutendste Häuptlingsgeschlecht in Ostfriesland. Sie stammen ursprünglich aus Greetsiel hatten ihren Sitz in Appingen. Später verlegten sie diesen zunächst nach Norden und später nach Aurich. 1744 starb das Geschlecht im Mannesstamm aus, sodass Ostfriesland an das Königreich Preußen fiel. Der Cirksenaweg in Leybuchtpolder wurde nach ihnen benannt, ebenso trug die Rudolf-Eucken-Straße in Norden einst den Namen Cirksenastraße.

Geschichte

Das Geschlecht zählte sich bereits recht früh zu den ostfriesischen Adels- bzw. Häuptlingsgeschlechtern. 1367 erschien Martin Cirksena (genannt: Martin Zyertza) zusammen mit Evenard Idzinga (genannt: Evenardus Ytzengh) und Hylo Attena (genannt: Hylo Attana) als advocati terre Nordensis (lateinisch: Fürsprecher des Norderlandes). Noch im selben Jahr nannten sie sich advocati et capitales terre Nordensis, womit sie wohl ihren Aufstieg zu Häuptlingen (capitales) beurkundeten. Der Name ist friesischen Ursprungs und bis heute als Familienname in Ostfriesland verbreitet. Er geht wahrscheinlich auf den alten Vornamen Tzirk (Cirk) zurück. Enno Attena übernahm den angesehenen Namen anlässlich seiner Heirat mit der Erbtochter Gela von Manslagt. Als Stammvater der Cirksena wird ein vornehmer Bürger namens Cirk betrachtet.[1]

Im 15. Jahrhundert erstarkten die Cirksena zum führenden Geschlecht in Ostfriesland. Am 28. Oktober 1427 besiegten die Truppen Focko Ukenas in der Schlacht auf den Wilden Äckern (bei Oldeborg, Gemeinde Südbrookmerland) ein Herr der dominierenden tom Brook. Die tom Brook versuchten, die Region unter ihre Herrschaft zu bringen, was den freiheitsliebenden Ostfriesen war. Sie fühlten sich von den tom Brook um die Friesische Freiheit gebracht. Ein Privileg, das den Friesen der Überlieferung nach vom legendären Frankenkönig Karl den Großen verliehen bekommen haben sollen. Focko versprach den Ostfriesen, allen voran den mächtigen Großbauern (aus denen die Häuptlingsgeschlechter erwuchsen), ihnen ihre Freiheit wiederzubringen. Doch kaum war die Schlacht mit ihrer Hilfe gewonnen, verriet Focko sie und herrschte nach Sitte der tom Brook fort.

So kam es, dass die Bauern sich den Cirksenas zuwanden, die sich als Gegner Fockos positionierten. Unter ihrer Führung gründete sich 1430 der sogenannte Freiheitsbund der Sieben Ostfrieslande. Als deren Anführer besiegte Edzard Cirksena in der Schlacht von Bargebur die Streitkräfte von Focko Ukena. In der Schlacht fiel auch sein Sohn Udo Focken, während Focko selbst entkommen konnte. Udo Focken war durch seine Heirat mit Hima Idzinga die führende Größe in Norden. Hima wurde faktisch von Edzard enteignet und um ihre Burg gebracht. Sie lebte bis zum Ende ihrer Tage im Kloster Marienthal, wo sie 1439 starb. Dem absoluten Machtanspruch auf Norden stand nun nichts mehr entgegen.

Im Jahr 1439 wurde infolge der Auseinandersetzungen von den Hamburgern auch die Stadt Emden - zunächst auf Widerruf und seit 1453 endgültig - an die Cirksena übergeben. Bis in das Jahr 1595 verwaltete und beherrschte die Familie die Stadt. Edzards Sohn Ulrich Cirksena wurde 1464 von Kaiser Friedrich III. in den Reichsgrafenstand erhoben und mit Ostfriesland als Reichsgrafschaft Ostfriesland belehnt. Das kann als einer der Gründe angesehen werden, warum sich die Ostfriesen nicht auch gegen die Cirksenas wandten, wie sie sich auch schon gegen die tom Brook und Focko Ukena erwehrt hatten. Viel wichtiger war jedoch, dass der Kaiser den Ostfriesen alle die Rechte und Freiheiten, die sie seit Jahrhunderten besaßen und von Friedrichs III. Vorgängern stets bestätigt bekommen haben, auch weiterhin behalten durften. Eine starke Herrschaft konnten die Cirksena in Ostfriesland in jedem Fall nie wirklich etablieren. Immer wieder brachen Machtkämpfe mit den selbstbewussten ostfriesischen Ständen aus. Faktisch galt die Ostfriesische Landschaft spätestens seit Enno III. Cirksena als faktisches Souverän in Ostfriesland. Von 1464 bis 1548 hatten die Cirksenas ihre Grablege (Familiengruft) im Kloster Marienthal. Dort brachten sie auch ihre unverheirateten Töchter unter. Als Sitz für eine unverheirateten Schwestern erbaute Enno II. Cirksena den Fräuleinshof auf dem Grund des ehemaligen Dominikanerklosters.

Durch geschickte Heiratspolitik konnten sie ihre Stellung wahren und ihren Einflussbereich ausdehnen. Neben Verwandtschaften zu regionalen Häuptlingsgeschlechtern hatten die Cirksena auch von 1581 bis 1699 die Herrschaft über die Grafschaft Rietberg inne. Enno III. war mit der Erbtochter dieser Grafschaft verheiratet, trat sie jedoch faktisch 1600 im sogenannten Berumer Vergleich, einem Abkommen zwischen Ostfriesland und der Grafschaft Rietberg, an seine Töchter ab.

Der bedeutendste Herrscher aus dem Hause Cirksena war Edzard I. Cirksena, genannt der Große (1462-1528), unter dessen Führung die Reichsgrafschaft Ostfriesland ihre größte Ausdehnung erreichte. In seine Regierungszeit fiel auch der Beginn der Ausbreitung der Reformation in Ostfriesland. 1654 wurden die Cirksena durch den Kaiser in den Fürstenstand erhoben. Carl Edzard Cirksena, der letzte Herrscher aus dem Hause Cirksena, starb in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 1744 (angeblich an einem Glas Buttermilch, das er nach einer Jagd getrunken haben soll) ohne Nachkommen. Unmittelbar darauf nahm Friedrich der Große das Land in Besitz. Unter preußischer Herrschaft blühte die Region schließlich auf.

Wappen

Das Wappen der Cirksena.

Das Wappen der Familie Cirksena zeigt einen gekrönten goldenen Jungfrauenadler, der auch als Harpyie oder Engel bezeichnet wird, auf schwarzem Grund. Dieses Motiv fand in die verschiedensten Nachfolgewappen Eingang. So etwa in das endgültige gräfliche Wappen Ostfrieslands, das Graf Rudolf Christian im Jahr 1625 festlegte. Hier ziert der Jungfrauenadler das vornehmste, heraldisch rechte obere Wappenfeld. Das Wappen ist bis heute als das Wappen von Ostfriesland in Gebrauch.

Die obere Hälfte des Emder Wappens stellt ebenfalls den Cirksena-Jungfrauenadler dar. Die Cirksena residierten bis zur Emder Revolution im Jahr 1595 in der Stadt Emden. Auch die Emden gegenüberliegende niederländische Stadt Delfzijl hat das Cirksena-Wappen in das ihrige aufgenommen. Dies ist auf die Herrschaft Edzards des Großen im Groningerland zurückzuführen. Ebenso ist der in der Farbgebung veränderte gekrönte Jungfrauenadler im Wappen des Landkreises Aurich auf die Cirksena zurückzuführen. Auch die heutige Gemeinde Krummhörn, in der das Stammland der Cirksena lag, hat das Wappen der Familie in das Gemeindewappen aufgenommen.

Nachdem die Cirksena in der Grafschaft Rietberg die Herrschaft übernommen hatten, fand ihr Emblem auch im Wappen Rietbergs seinen Platz zwischen dem Wappen der alten Herrscherfamilie und dem des Harlingerlandes. Später wurde es durch das Wappen der Familie Kaunitz ergänzt.

Durch die Verbindung Ostfrieslands und Rietbergs ist der Cirksena-Adler auch bis heute in umgekehrter Farbgebung (schwarz auf Gold) unten rechts (heraldisch: unten links) im Wappen des Fürstentums Liechtenstein zu finden: Gundaker von Liechtenstein hatte die zweite Tochter von Graf Enno III. und Walburg von Rietberg, Agnes Cirksena, geheiratet und daraus einen Anspruch auf Rietberg abgeleitet.

Dem Krumstert, einer volkstümlichen Bezeichnung für eine Münze, die im 15. Jahrhundert in Ostfriesland in Umlauf war, war ein steigender Löwe aufgeprägt, den die Cirksena durch einen Jungfrauenadler ersetzten.

Einzelnachweise

  1. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 14

Literatur

  • Esselborn, Ernst (1945): Das Geschlecht Cirksena. Die Häuptlinge, Grafen und Fürsten von Ostfriesland, Berlin
  • Hobbing, Hans Heinrich (1915): Die Begründung der Erstgeburtsnachfolge im ostfriesischen Grafenhaus der Cirksena, Aurich
  • Möhlmann, Günther (1957): Cirksena. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Berlin, S. 255f.
  • Reimers, Heinrich (1925): Ostfriesland bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, Bremen
  • Schmidt, Heinrich (1975): Politische Geschichte Ostfrieslands, Leer, S. 76–328

Siehe auch