Doornkaat

Aus Norder Stadtgeschichte
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Doornkaat AG

Die Karte wird geladen …
Basisdaten
Gründung 1806
Auflösung 1992
Rechtsform Aktiengesellschaft (AG)
Hauptsitz Neuer Weg 35-40

26506 Norden

Die Doornkaat AG war lange Zeit das überregional (und oftmals auch bis heute) bekannteste Norder Unternehmen. Der Name wird meist synonym mit dem Hauptabsatzprodukt, einem Genever und späteren Kornbrand verwendet, der seit dem Niedergang der Firma bei Berentzen in Haselünne weitergebrannt wird. Kenner des ursprünglichen Doornkaat sagen diesem jedoch nach, dass er von wesentlich geringerer Qualität ist. Hierfür ausschlaggebend ist wohl vor allem, dass er nicht mehr als Genever mit Wacholder, sondern als normaler Korn gebrannt wird.

Neben seinem traditionellen Kerngeschäft bot das Unternehmen auch weitere Getränke an, darunter Fruchtsäfte, Teemischungen und ein Mineralwasser namens St. Ansgari. Sogar Bier wurde zeitweise in einer eigenen Brauerei gebraut und vermarktet.

Geschichte

Vorgeschichte

Seit jeher wurde in Ostfriesland Alkohol gebrannt, doch waren die hiesigen Genever und sonstigen Erzeugnisse den niederländischen in Qualität und Güte stets unterlegen. Diese Konkurrenzlage verschärfte sich insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auf der einen Seite standen die einheimischen Brenner, denen die ausländischen Produkte die Preise verdarben und auf der andere Seite wohlhabende Händler, die durch den Import und den Weiterverkauf der niederländischen Erzeugnisse bis nach Oldenburg, Osnabrück und in das Münsterland ansehnliche Profite erwirtschafteten. Dennoch gab es auch für die ostfriesischen Brenner einen großen Absatzmarkt, wenngleich hauptsächlich bei den ärmeren Schichten, die sich den auswärtigen Branntwein nicht leisten konnten.

Historische Werbeanzeige.

Nachdem Ostfriesland nach dem Tode von Graf Carl Edzard Cirksena im Jahre 1744 preußisch wurde, änderte sich zunächst nichts daran, dass es den einheimischen Brennern verboten wurde, Weizen zum Brennen zu nutzen, um Versorgungsnotständen und Teuerungen entgegenzuwirken. So wurde noch lange Zeit ein gemahlener Mischkorn aus Roggen und Malz zum Brennen benutzt, der als Abfallprodukt galt.

Erst 1772 gestattete die preußische Regierung, importierten Roggen zum Brennen verwenden zu dürfen. Diese Erlaubnis scheint diesem Gewerbe einen neuen Aufschwung verliehen zu haben, denn gab es 1740 nur vier Brenner in Norden, waren es 1772 schon 13. 1779 waren es dann bereits 20. All jenen Brennern wurde 20 Jahre später ein herber Schlag verpasst, als 1799 auch das Brennen importierten Roggens wieder verboten wurde. Mit klugem Unternehmergeist und Zustimmung von Bürgermeister Hoppe umgingen die Brenner das Verbot, indem sie den Roggen einfach mit weiteren Getreidesorten vermengten. Am 17. November 1800 wurde die Nutzung von reinem Roggen wieder gestattet, wobei sich dies ausdrücklich nur auf importierten Roggen bezog. Die auch nur geringste Nutzung inländischen Roggens war weiterhin bei Strafe und Berufsverbot untersagt.

Zur Förderung des einheimischen Absatzes wurde der Import von niederländischem Branntwein bereits seit den 1770er Jahren mit Importsteuern belegt. Diese wurde stetig erhöht, bis sie schließlich 5 Reichstaler auf je 36-39 Liter betrug. Diese horrende Steuer machte den Import praktisch unrentabel. Allerdings bewirkten die Maßnahmen nicht, dass sich die ostfriesischen Erzeugnisse durchsetzten, sondern stärkten vielmehr den Schwarzmarkt sowie den Schmuggel, da der niederländische Branntwein nach wie vor qualitativ überragend war. So versuchte die preußische Regierung, die Qualität der zu verbessern, indem sie minderwertigen Produkten durch Beschlagnahme einen Riegel vorschob und nur noch vereidigte Brennmeister produzieren durften. Weiterhin sollten drei sogenannte Köhr- und Probemeister, Sachkundige im Brennereiwesen, die Waren auf die Produktion auf Qualität und Vorschriftsmäßigkeit prüfen.

Allen Bemühungen zum Trotz stellten die preußischen Beamten noch 1804 fest, dass "wohl nirgends so schlechter Branntwein gebrannt und in solche schreckhaftem Übermaß getrunken wird als gerade in dieser Provinz".[1] Tatsächlich suchte Ostfriesland seinerzeit eine regelrechte Branntweinepidemie heim, ein Großteil der Bewohner war schwer alkoholkrank, was zum einen in den allgemeinen Trinkgewohnheiten lag, vor allem aber auch an der schlechten Qualität des Trinkwassers. Dennoch - oder vielleicht auch gerade deshalb - wurde 1805 der Import niederländischen Branntweins praktisch verboten bzw. stark erschwert. Der Ausschank minderwertiger Produkte wurde mit 10 Reichstalern bestraft.

Gründungsgeschichte

In diesen Umständen suchte der niederländische Kaufmanns- und Brennersohn Jan ten Doornkaat Koolman sein Glück und erhoffte sich, durch seine Produkte besonders hervorzustechen - zu Recht, wie sich schnell zeigte. Hinzu kamen die schwierigen politischen Verhältnisse in den Niederlanden im ausgehenden 18. Jahrhundert.[2] Mithilfe seines entfernten Verwandten, dem angesehen Doede Lübberts Cremer, konnte Doornkaat Koolman nach einer Einreise über Emden schnell Fuß in der Stadt Norden fassen und erlangte schon 1807 das Bürgerrecht. Zuvor vermittelte ihm Cremer die wirtschaftlich schwächelnde Brennerei des Dirk Hermann Taaks an der Osterstraße 147, wo er sein erstes Brennereigebäude errichtete. Dieses Gebäude wurde 1965 abgerissen, dort zog die Firma Cremer Haustechnik ein.[3] Heute befindet sich hier die Drogerie Müller.

Der erste Standort an der Osterstraße 149.

Die Konkurrenz in der Stadt war seinerzeit groß: Für das Jahr 1813 sind 27 (meist kleinere) Brennereien in Norden nachgewiesen. Ihre Zahl ging jedoch in den Folgejahren zurück, 1840 waren es noch elf, 1858 hatte Doornkaat nur noch einen städtischen Konkurrenten.[4] Im Laufe der Jahrzehnte wurde Doornkaat mit seiner populären Qualität zu einer deutschlandweit bekannten Branntweinmarke.

1808 übernahm Doornkaat auch die Brennerei des Here Dirks Stroman an der (nach heutiger Nummerierung) Osterstraße 149, die er jedoch bereits 1813 wieder verkaufte, nachdem er im Vorjahr das Haus und die Brauerei am Neuen Weg von Jibbe Cornelius Poppinga mitsamt Zubehör erwarb. Das Gebäude mitsamt Grundstück, wo Doornkaat auch Viehstallungen zum sinnvollen Verwerten der beim Brennen anfallenden Schlempe errichtete, wurde nun zum Zentrum des Unternehmens.[5]

Aufstieg und Glanzzeit

Mit dem Kauf weiterer Grundstücke weitete das Unternehmen seinen Firmenbesitz aus. Am 17. November 1827 wurde der südliche Teil des Gartens der sogenannten Kronenburg, seinerzeit im Besitz von Hinrich Huenerssen, erworben. Das Grundstück umfasste eine Fläche von 34x34 Metern.

Auch in der Westermarsch erwarb man 1831 einen bei der Februarflut 1825 beschädigten Bauernhof für den sehr geringen Preis von 625 Goldmark. Der Hof wurde genutzt, um hier die beim Brennen anfallende Schlempe an Vieh zu verfüttern. Doch bereits 1851 wurde der Hof wegen zu geringer Rentabilität wieder abgestoßen und an den Landwirt Luedemann verkauft.[6]

1839 und 1845 erwarb das Unternehmen zwei Grundstücke in Leezdorf, um hier Brenntorf für die Fabrik abzubauen. Offenbar wollte man sich damit von der Norder Fehngesellschaft unabhängig machen. Das Fabrikgebäude an sich wurde 1840 erheblich erweitert. Es entstanden weitere Lagerräume, ein Maischehaus, Trocknungsanlagen, ein Brennraum und eine Rossmühle (eine mit einem Pferd betriebene Mühle).[6] Das für die Produktion benötigte Wasser wurde nun über zwei Wasserschöpfmühlen über Umwege aus dem Norder Tief gefördert.

1845 und 1846 kam es infolge von Missernten zu einer andauernden Hungersnot, in deren Folge die hannoversche Regierung (Ostfriesland gehörte seit 1815 zum Königreich Hannover) im März 1847 beschloss, den Getreideverkauf an die Brennerei zu stoppen, um es nicht dem Lebensmittelmarkt zu entziehen. Zwischenzeitlich waren des Gründers Söhne Fiepko ten Doornkaat Koolman und Jan ten Doornkaat Koolman II. Geschäftsführer geworden und auch diese waren sozial und verantwortungsbewusst genug, um der Forderung nachzukommen. Da die Getreideernte im Sommer des Jahres unerwartet gut ausfiel, konnte man die Produktion schon im September 1847 wieder hochfahren.[7]

Das Revolutionsjahr 1848 spielte dem Geschäft von Doornkaat in die Karten. Obgleich die unsicheren politischen Verhältnisse allgemeine wirtschaftliche Probleme mit sich brachten, zog es viele Bewohner doch nun gehäuft in die Gaststätten, wo sie nicht zuletzt auch Doornkaat tranken. Nachdem die Firma nun auch per Schiff Getreide aus Pommern und Mecklenburg importierte, konnte die gestiegene Nachfrage bedient werden. Zur Lagerung erwarb man ein Lagerhaus an der Großen Hinterlohne, wo später das Maschinenhaus eingerichtet wurde.[8] Da jedoch auch die zusätzlichen Getreideimporte bald nicht mehr ausreichten, ließ das Unternehmen 1871 ein eigenes Dampfschiff mit dem Namen der Firma bauen, um damit Roggen aus dem deutschen Ostseeraum zu importieren. Gleichzeitig wurde damit die für den Betrieb dringend benötigte Kohle aus England importiert.[9] Zur besseren Einfahrt zum Norder Hafen erwarb man zusätzlich drei Leichterschiffe und eine Schleppdampfer. Der Doornkaat-Dampfer sank jedoch bereits zwei Jahre später, nachdem er von einem schwedischen Dampfer gerammt wurde.[10]

Im Sommer 1878 hatte das Unternehmen bereits 63 Mitarbeiter. Ab 1879 wurde keine Kohle mehr aus England importiert, stattdessen setzte man auf Importe aus Westfalen, die per Bahn nach Leer transportiert und von dort mit den Leichterschiffen und dem Schleppdampfer bis nach Norden transportiert wurden.[10] Einen Anschluss an das Eisenbahnnetz erhielt Norden erst ab 1883. In diesem Jahr sank auch ein weiteres Schiff der Firma, der Schoner Gebrüder Doornkaat. Dieser sank auf der Fahrt von Estland nach Tallinn (Estland) nach Brüssel und galt seither als verschollen.[11]

1882 eröffnete das Unternehmen eine Brauerei Doornkaat in Westgaste, an die heute noch die Brauhausstraße erinnert. Ein Jahr später werden Hildebrand ten Doornkaat Koolman und Jan ten Doornkaat Koolman III. an die Geschäftsführung herangeführt. 1885 führt das Unternehmen einen Rechtsstreit gegen einen Dresdener Brenner namens Woldemar Schmidt, der den guten Namen der Firma widerrechtlich für seine eigenen Produkte verwendete. Der über zwei Jahre dauernde Prozess beschäftigte sogar das Reichsgericht in Leipzig und endete schließlich zugunsten der Kläger.[11] Insbesondere wohl auch deshalb wurde der Markenname Doornkaat am 1. Oktober 1894 offiziell angemeldet und am 8. Dezember 1894 in das deutsche Markenregister eingetragen.

Doornkaat - Original Flaschenetikett 3,0 l, Anfang der 80er Jahre.

1896 trat Hildebrand ten Doornkaat Koolman aus der Firma aus und seine Geschäftsanteile an Jan ten Doornkaat Koolman III. ab, der damit zum alleinigen Firmeninhaber wurde. Zum 5. Oktober 1897 trat Fiepko ten Doornkaat Koolman in die Firma ein. Um die Jahrhundertwende erwarb das Unternehmen, noch auf Veranlassung von Jan ten Doornkaat Koolman II., große Flächen (267 Hektar) im Bereich Großheide und Menstede-Coldinne, wo man umfangreiche Viehwirtschaft betreiben wollte. Als Futtermittel sollte die beim Brennen anfallende Schlempe verfüttert werden. Für den Gutsverwalter wurde das Schloss Großheide (Schloßstraße, Ecke Großheider Straße) errichtet. Die Flächen erwiesen sich jedoch bald als ungeeignet und der Betrieb an sich als unwirtschaftlich, sodass der Landkreis Norden die Flächen zur Besiedlung erwarb und vergab. In das Schloss des Gutsverwalters zog später eine Gaststätte ein.[12] Heute befindet sich hier ein Institut für Intensivpädagogik.

Für damalige Zeiten revolutionär führte das Unternehmen mit Beschluss der Betriebsversammlung am 28. Dezember 1899 eine betriebseigene Krankenkasse ein. Nicht nur die Mitarbeiter selbst, sondern auch ihre Kinder (bis 14 Jahren) und Ehefrauen genossen fortan einen Anspruch auf kostenfreie Arzt- und Arzneiversorgung. Wegen Schwierigkeiten bei der Finanzierung wurde die Versorgung der Kinder jedoch bereits ab 1902 wieder abgeschafft. Die Betriebskrankenkasse an sich überdauerte ansonsten alle schwierigen Zeiten und überlebte gar den Konkurs des Unternehmens.

Der Erste Weltkrieg verpasste dem Unternehmen jedoch einen schweren Schlag, ein großer Teil der Belegschaft wurde zum Kriegsdienst verpflichtet. Die Produktion kam dadurch gänzlich zum Erliegen. Erst 1920 konnte man diese wieder aufnehmen, ein Jahr später auch in der Brauerei.[13] Auch das Inflationsjahr 1923 wirkte sich negativ auf das Unternehmen aus. Erst mit der Währungsreform erholte es sich. Die vormals in Berlin, München und Leipzig betriebenen Vertretungen des Unternehmens wurden jedoch Ende der 1920er Jahre geschlossen.[14]

Ab 1930 vertrieb Doornkaat mit Doka Tee auch einen eigenen Tee mit einem jährlichen Absatz von gut 23 Tonnen. Etwa zur gleichen Zeit begann man mit der Produktion vom Doka-Tafelwasser, das aus einem Brunnen an der Großen Hinterlohne gewonnen und mit Sole aus Bad Wimpfen verfeinert wurde. Durch Schiffsbeteiligungen rundete das Unternehmen sein Portfolio ab. Das 20. Jahrhundert war jedoch vor allem durch Schwierigkeiten beim Absatz, nicht zuletzt bedingt durch die beiden Weltkriege, die die Weltwirtschaft im Allgemeinen und die deutsche im Speziellen lange Zeit lähmten. Während des Zweiten Weltkrieg kam die Produktion, anders als im Ersten, nur teilweise zum Erliegen, da man die Wehrmacht bis April 1945 beliefern konnte.[14] Übrigens befand sich auf einem der Dächer des Unternehmens schon zu Kriegsbeginn ein Beobachtungsstand für die umliegenden Flakstellungen.[15]

Der Doornkaat-Kenner: Die wohl bekannteste Werbefigur des Unternehmens.

Die Jahre nach dem Krieg brachten jedoch nochmals einen großen Aufschwung, nachdem man bereits kurz nach Kriegsende wieder mit Genehmigung der britischen Militärregierung produzieren durfte. In der letzten Hochblüte, Ende der 1960er Jahre, wurde Doornkaat mit dem legendären Doornkaat-Mann (von Ludwig Hohlwein bereits in den 1920er Jahren geschaffen), der die Doornkaat-Vierkantflasche in der Hand hält, mit dem Slogan Doornkaat - heiß geliebt und kalt getrunken beworben.

Rezession und Niedergang

Das neue Verwaltungsgebäude (links, heute Gesundheitsamt) und das alte (rechts) um 1960.

In den 1970er und 1980er Jahren erfolgte eine zunehmende Rezession, die letztlich auch zum Verkauf des Unternehmens führte. Dies lag zum einen am veränderten Trinkverhalten der Bevölkerung, was zu einem Einbruch des Absatzes führte und zum anderen an der geänderten Branntweinsteuer. Auch der zunehmende Import ausländischer Spirituosen bestärkte den rückläufigen Trend.

Die langjährigen Vorstände Gerhard ten Doornkaat Koolman und Klaus Scherhorn verließen das Unternehmen in der Mitte der 1980er Jahre, die neuen Vorstände entwickelten Umstrukturierungspläne. In den Jahren 1986 und 1987 wurde das Personal um 35 % auf 240 im Jahr 1988 reduziert. Das Konzernergebnis der Doornkaat-Gruppe war 1987 mit 4,9 Mio. DM immer noch recht ansehnlich.[16] Mit einer in diesem Jahr gefundenen Mineralwasserquelle in den alten Bargeburer Moorgebieten zwischen Im Horst und Zum Hexenkolk, aus der man das St. Ansgari Mineralwassers förderte, erhoffte man sich einen neuen Absatzmarkt.[17]

Doornkaat beteiligte sich ferner an der Gocher Firma Mülhoff mit ihrem bekannten Produkt Mampe. Doch auch dies konnte den weiter fallenden Absatz nicht stoppen. Das Fruchtsaftgeschäft kam erheblich unter Druck, die Sparte wurde mit dem Verkauf der Anteile an der Emig Fruchtsaft GmbH 1989 geschlossen. Die deutsche Wiedervereinigung führte bei Doornkaat zu einem überraschenden, aber kurzen Absatzplus. Der Verkauf des Stammgetränkes stieg um 21 %. Trotzdem konnte der negative Trend nicht gestoppt werden, im Jahr 1991 waren nur noch 232 Mitarbeiter bei Doornkaat beschäftigt. Zu dieser Zeit umfasste das gesamte Betriebsgelände noch eine Fläche von stattlichen 26 Hektar.[18]

Im August des Jahres hatte die Berentzen-Gruppe den Geschäftsbetrieb der damaligen Doornkaat AG erworben und im Folgejahr einen sogenannten Beherrschungsvertrag abgeschlossen. Berentzen veräußerte die Doornkaat AG an die WCM-Gruppe, die die Firma in die NORDAG umwandelte. Gleichzeitig wurden die Brenn- und Markenrechte an die neu gegründete Doornkaat Verwaltung GmbH verkauft, einer neu gegründeten Tochtergesellschaft von Berentzen. Diese wurde sodann wieder in die neue Doornkaat AG umgewandelt. Mit Ablauf des Jahres 1997 wurde kein Doornkaat mehr in der Norder Brennerei hergestellt und die Produktionsstätten nach und nach abgebaut. Mülhoff und der Getränkehandel Lammers (auf dem früheren Stilkenboom-Gelände) wurden abgestoßen. In Norden verblieb zunächst noch die Abfüllung des Mineralwassers, doch auch dies wurde im Oktober 2015 ins Emsland verlagert. Das Tee-Geschäft wurde bereits Ende April 1992 an einen inländischen Mitbewerber abgegeben.

Das ehemalige Doornkaat-Gelände liegt seither weitestgehend brach, viele Gebäude wurden abgerissen oder dem Verfall, bedingt durch den Verkauf an auswärtige Investoren, überlassen. In einigen Gebäuden erblühte jedoch neues Leben und seit Ende der 2010er Jahre existieren Planungen über eine Neunutzung. Unter anderem soll das neue Dienstgebäude der Norder Polizei auf dem Gelände entstehen. Die 2018 konkreter werdenden Planungen sehen eine Mischnutzung als Wohn- und Einkaufsgebiet mit Gastronomie und Freiflächen vor.[19] Das Potential des großflächigen Geländes in lukrativer Lage am Norder Tief ist groß, es liegt nun an den Planern, es vollumfänglich zu nutzen. Hierzu lud die Stadtverwaltung die Öffentlichkeit am 14. Mai 2022 zu einer offenen Diskussion auf dem Gelände ein, bei der unter anderem auch Führungen durch das alte Betriebsgelände angeboten wurden.

Werkfeuerwehr

Zur Sicherstellung des Brandschutzes verfügte der Betrieb über einen eigenen kleinen Fuhrpark an Feuerwehrfahrzeugen, zu denen später (erstmals ab etwa 1889) sogar eine Drehleiter gehörte. Bedient wurden Fahrzeuge und Gerätschaften im Bedarfsfall von entsprechend ausgebildetem Personal. Spätestens ab 1878 hatte das Unternehmen eine eigene Löschspritze.[20] 1899 wurden alle Mitarbeiter erstmals dazu aufgefordert, sich im Falle eines Brandes auf dem oder im Umfeld der Fabrik vor Ort einzufinden, um die Löschmaßnahmen zu unterstützen.

Die Fahrzeuge wurden vereinzelt auch außerhalb des Betriebsgeländes eingesetzt. So unterstützte die Doornkaat'sche Drehleiter etwa beim Brand des Ulrichsgymnasiums im Jahre 1989. Auch sonst pflegte das Unternehmen zur Norder Feuerwehr eine traditionell gute Beziehung. Die Betreiberfamilie stellte mit Jan ten Doornkaat Koolman III. und Fiepko ten Doornkaat Koolman II. den ersten und den dritten Hauptmann in der Geschichte der Wehr.

Denkmalschutz

Wegen ihrer industriehistorischen und städtebaulichen Bedeutung steht ein Teil der alten Brennereigebäude unter Denkmalschutz.[21]

  • Wasserturm (Kühlturm); erbaut 1857
  • Kohlenspeicher; erbaut um 1870
  • Getreidespeicher; erbaut um 1900
  • Dampfmaschine; erbaut 1955
  • Doornkaatvilla; erbaut 1950

Produkte

  • Auerhahn: Ein auch Jagdweizen oder Jagdkorn genannter Weizenkorn oder Kräuterlikör.
  • Boskop: Ein Apfelkorn.
  • Brauselimonade: Tafelwasser mit Zitronengeschmack.
  • Corvit: Ein herkömmlicher Kornbrand aus Weizen, der noch heute von einer Brennerei in Minden produziert wird.
  • Doornkaat: Der dreifach gebrannte Korn (Ostfriesischer Korngenever) wurde in einer grünen Vierkantflasche angeboten und hat einen Alkoholgehalt von 38 Volumenprozent. Hape Kerkelings Figur Horst Schlämmer genehmigte sich gern einen Doornkaat, auch vor laufenden Kameras, und trug so zur Bekanntheit der Marke bei. Im Volksmund wurde der Doornkaat auch Ostfriesischer Landwein genannt.[22]
  • Doka Tee: Ein typischer Ostfriesentee. Ab 1977 war der Name Doornkaat's Tee geläufig geworden.
  • Doka Tafelwasser: Ein aus einem Brunnen an der Großen Hinterlohne gewonnenes Tafelwasser.
  • Echter Ostfriese: Ein Branntwein der 1930er Jahre.
  • Feine alte Korngenever Doornkaat Privat: Eine Sonderausgabe des Doornkaats.
  • Gründerbrand: Ein zum 175-jährigen Jubiläum im Jahre 1981 Schnaps, der in besonders edler Aufmachung angeboten wurde.
  • Nawinta-Tafelwasser: Tafelwasser mit Cola-Geschmack.
  • Nikita: Ein vorwiegend für den Absatz in West-Berlin produzierter Wodka. Eingeführt im Herbst 1970.
  • Norder Korn: Ein Doppelkorn (38 %), der günstig angeboten und in Norden nicht zuletzt durch die sogenannten NoKo-Brüder populär wurde. Zu Unrecht galt er als Abfallprodukt der Doornkaat-Produktion, geriet aber durch die genannten Personen schnell in Verruf. Ursprünglich hieß er Norder Doppelkorn.
  • St. Ansgari: Ein Mineralwasser (in den Sorten still und medium), das seit Mitte der 1970er Jahren aus einer nahegelegenen Quelle gefördert und dessen Produktion im Oktober 2015, zuletzt vermarktet durch die Vivaris GmbH & Co. KG, aus wirtschaftlichen Gründen ebenfalls nach Haselünne verlegt wurde.
  • Stammherrn-Likör: Ein Kräuterlikör. Später als Alter Kanzler bezeichnet.

Gedicht Dorenkat

Zeichnung des Wilhelm Busch zum Dorenkat-Gedicht.

Der bekannte Dichter und Zeichner Wilhelm Busch widmete dem Getränk ein Gedicht namens Dorenkat, das er in den 1870er Jahren bei einem Aufenthalt auf der Insel Borkum ersann.

Großes Fass

Das sogenannte Große Fass war ein 1859 gefertigtes, überdimensionales und mit Doornkaat gefülltes Fass, aus dem der Genever in kleinen Mengen abgefüllt und an einzelne Kunden abgegeben wurde.[23]

Vivat Doornkaat

Nachdem Jan ten Doornkaat Koolman III. gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Reichstag gewählt worden war, schickte ihm ein auswärtiger Geschäftsfreund ein Telegramm mit den Worten Vivat Doornkaat (Es lebe Doornkaat) an dessen Unternehmen. Der Buchhalter war jedoch wohl des Lateinischen nicht mächtig und fasste den Wortlaut als Bestellung von Fief Fatt Doornkaat, also fünf Fässern Doornkaat auf. Der Geschäftsfreund dürfte sich daher über diese Lieferung nicht schlecht gewundert haben.[24]

Trivia

Die regelmäßigen Preissteigerungen beim beliebten Doornkaat wurden von den Nordern argwöhnisch aufgenommen. Bald bürgerte sich der Umgangston ein, dass der Schnaps jedes Mal um zwei Pfennig teurer werde, wenn in der Familie ten Doornkaat Koolman geheiratet wurde.[25]

Galerie

Allgemeine Fotos

Produkte und Werbung

Gebäude und Betriebsgelände

Tag der offenen Tür (14. Mai 2022)

Literatur

  • Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden

Einzelnachweise

  1. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 67
  2. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 69
  3. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 71
  4. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 89
  5. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 72
  6. 6,0 6,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 73
  7. Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 54
  8. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 74
  9. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 88
  10. 10,0 10,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 75
  11. 11,0 11,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 76
  12. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 78
  13. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 79
  14. 14,0 14,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 80
  15. Ostfriesischer Kurier (1999): Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart (Sonderdruck), Norden, S. 41
  16. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 106
  17. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 89
  18. Sanders, Adolf (1988): Unsere Stadt hinterm Deich, Norden, S. 20
  19. Ostfriesischer Kurier vom 27. Oktober 2021, S. 3
  20. Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 51
  21. Liste der Baudenkmale in Norden, abgerufen am 11. November 2021
  22. Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 48
  23. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 8
  24. Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 146
  25. Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 155

Siehe auch