Geest

Aus Norder Stadtgeschichte
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Als Geest (auch: Gaste, Gast, Gaeste u.a.) bezeichnet man einen Bodentypus, der vor allem durch einen erhöhten Sandteil gekennzeichnet ist. Die Geest kann als Gegenstück zur fruchtbareren Marsch betrachtet werden. Da die Geest eine höher gelegene Landschaft darstellt, nennt man sie bisweilen auch Geestrücken oder Sandrücken. Der Name entstammt den niederdeutschen Adjektiven gest, was trocken bzw. unfruchtbar bedeutet. Abgeleitet werden davon weitere geographische Begriffe wie Vorgeest, Hohe Geest, Gaste, Geestniederung, Geestplatte, Geestrand und so weiter.

Die historische Kernstadt von Norden wurde auf einer erhöht liegenden Geestinsel, der sogenannten Norder Geestinsel, errichtet. An ihren Rändern siedelten sich mehrere Bauern an, die sich später zur Sandbauerschaft zusammenschlossen. Auf entsprechenden Karten ist die Geestinsel, die wie eine Insel in das ansonsten von Marschland geprägte Gebiet hineinreicht, deutlich erkennbar.

Entstehung[1]

Die Geologie der ostfriesischen Halbinsel wurde durch das Quartär geprägt, das vor einer Million Jahren begann und bis heute andauert. Das Quartär lässt sich in die eigentliche Eiszeit, das Pleistozän, und in die Nacheiszeit, das Holozän, unterteilen. Wir leben jetzt in der Nacheiszeit oder Jetztzeit. Im Pleistozän kam es in Nordwestdeutschland zu einer dreimaligen Vereisung. Am Anfang stand die Vergletscherung in den Hochgebirgen Skandinaviens und Finnlands, die durch vermehrte Niederschläge und ein langsames Absinken der mittleren Jahrestemperatur eingeleitet wurde. In dieser Zeit wuchsen die Gletscher immer weiter an, begruben Täler und vereinigten sich mit benachbarten Gletschern zu einem riesigen Eisblock, den die kurzen kühlen Sommer nicht mehr zum Schmelzen bringen konnten. Unter riesigem Druck setzte sich dieser Block langsam in Bewegung und überwand dabei auch vorgelagerte Berge und Hügel. Die gewaltigen Eismassen hatten alles unter sich begraben und das vordem blühende Pflanzen- und Tierleben völlig vernichtet.

Die Naturräume im Altkreis Norden. Gut erkennbar ist die Lage der Norder Altstadt auf der Geest, umgebend von Marschgebieten.

Die älteste Eiszeit ist die Elster Kaltzeit, die von 400.000 bis 320.000 vor heute dauerte. In dieser Eiszeit kam es zu einer großräumigen Vergletscherung Norddeutschlands. Es folgte die Holstein-Warmzeit.

Die Saale-Kaltzeit war die vorletzte Eiszeit und dauerte von 300.000 bis 130.000 vor heute. Während dieser Zeit kam es zu drei großen Gletschervorstößen. Aus Skandinavien kamen ein bis zwei Kilometer hohe Gletscher, die auf ihrem Wege zu uns gewaltige Gesteinsmassen transportierten. Dabei wurde der Untergrund gestaucht, geschliffen und gefaltet, so dass Bodenerhebungen abgehobelt und Niederungen eingeebnet wurden.

Die skandinavischen Gletscher bedeckten ganz Nordwestdeutschland und hinterließen nach ihrem Abschmelzen zerriebenes Material. Die Ablagerungen bezeichnet man als Moränen. Die wichtigste Art ist die Grundmoräne. Ihr Name rührt daher, dass sie am Grunde des Landeises zur Ablagerung kam. Diese Grundmasse aus Lehm enthält kleine Gesteinsblöcke, gerundete, geglättete , eckige Steine aller Arten. Die Fachleute unterscheiden zwischen Geschiebemergel (unverwittertes, kalthaltiges, sandig-toniges Material) und Geschiebelehm (verwittertes, entkalktes , sandig-toniges Material). Diese Ablagerungen bilden die Oldenburgisch-ostfriesische Geestplatte. Für die Entstehung der ostfriesischen Geest war die Saale-Eiszeit prägend, die man in die älteren Drenthestadien und das jüngere Warthestadium unterteilt. Für die ostfriesische Geestplatte waren die Drenthestadien entscheidend.

Die Eiszeiten wurden durch Warmzeiten (Interglaziale) unterbrochen, die die Gletscher zurückdrängten. Der Vereisungsprozess kam zum Stillstand. An den Endpunkten bildeten sich mächtige wallartige Erhöhungen, die die Geologen Endmoränen nennen. Da die Gletscher quasi still standen, bauten sich an solchen Punkten große Mengen an Geröllmaterial auf. Endmoränen entstehen, wenn sich am Ende eines Gletschers Abschmelzen und Eisnachschub die Waage halten. Das Schmelzwasser spülte Feinmaterial weg, so dass grobe Ablagerungen wie Steine, Kies und Findlinge liegen blieben. Der Eisrand verläuft nicht schnurgerade, sondern zerfällt in einzelne Gletscherzungen, an deren Rändern sich das Geröll ablagerte. Für Ostfriesland sind klassische Endmoränen unbekannt. Nach Stillstandsphasen des Eises bildeten sich Stauchmoränen, die man an Bodenunebenheiten erkennt. Sie entstanden, als durch den Druck eines Gletschers älteres Material vor der Gletscherfront gestaucht und aufgeworfen wurde. Im ostfriesischen Bereich zählen hierzu die Geestbögen von Bunde bis Weener und der von Stapelmoor über Diele bis Steenfelde-Großwolde

Die Ablagerungen vollzogen sich in drei Stufen: In der ersten Stufe entströmten dem langsam vorrückenden Eis zahlreiche Schmelzwasserbäche, die gewaltige Mengen des Grundmoränenschuttes unter dem Eis aufwirbelten und als Kies, Sand und Ton im Voreisland ablagerten. Dieses Schuttfeld erreichte die Mächtigkeit von 80 m. In der zweiten Stufe erfolgte die Bedeckung mit dem Eis, bei dem sich über dem durch das Schmelzwasser entstandene Schuttfeld die eigentliche Grundmoräne in Form des Geschiebelehms bildete. In der dritten Stufe kam es zum Zurückschmelzen des Eises und die Schmelzwasser schichteten eine Geröll- und Sandschicht über die Grundmoräne, Decksand genannt.

Der Bodenaufbau ist klar in drei Schichten zu gliedern: Zunächst finden wir Decksand. Der feinkörnige gelbe Sand hat durchweg eine Dicke von 50-100 cm und kam in kleinen geschichteten Bänken zur Ablagerung. Dies gibt einen Hinweis darauf, dass die Ablagerung im Wasser erfolgte. Vereinzelt erreichten diese Ablagerungen eine größere Ausdehnung, so in Bunderhee, Weener und Strackholt-Höchte. Stellenweise trat auch eine zweite Ablagerung des Schmelzwassers auf und hinterließ als unterterste Schicht des Decksandes Hügel aus Deckgeröll, so in Tergast, Steenfelde und Etzel. Als zweites folgt Lehm. Eine durchweg 1 m dicke Lehmschicht lagert unter der Decksandschicht. Vereinzelt erreicht diese Schicht auch eine Stärke von 3-4 m oder auch nur von wenigen Zentimetern. Diese Schicht ist mit vielen kleinen und großen Steinblöcken aus Granit- und Feuerstein durchsetzt. Diese bei uns Findlinge oder Flinten genannten Steine fanden im steinarmen Ostfriesland früher als Grundstein, Prellstein, Begrenzungsstein und Plasterstein Verwendung. Unsere heidnischen Vorfahren errichteten aus größeren Steinblöcken Gräber. In christlicher Zeit wurden solche Granitquader auch zur Erbauung von Kirchen eingesetzt. (Remels, Middels, Marx). Um 1900 fanden Findlinge auch bei der Errichtung der vielen Ehrenmäler zur Erinnerung an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges Verwendung. Vielerorts fand der Lehm Verwendung als Baustoff, zum Beispiel als Mörtel vor Erfindung des Zements und als Fußboden. Zu guter letzt folgen Ton, Mergel, Sand. Sie bilden das unterste und älteste Glied in der Schichtenfolge des Geestbodens. Oft wechseln diese Böden innerhalb der Schicht ab, die für den Aufbau der ostfriesischen Geest am wichtigsten ist. Sie geben Hinweis darauf, dass auch diese Schichten im Wasser abgelagert wurden.

Einzelnachweise

  1. Schutzgemeinschaft Wallhecken: Die Geest - Ihre Entstehung (Hintergrundinformationen)

Siehe auch