Leybuchtpolder

Aus Norder Stadtgeschichte
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Leybuchtpolder

Wappen
Höhe 1,5 - 2,0 m ü. NN
Fläche 10,523 km²
Einwohner 438 (31.12.2021)
Gründung 1. Juli 1954
Eingemeindung 1. Juli 1972
Bevölkerungsdichte 41 Einwohner/km²
Karte

Leybuchtpolder ist ein Stadtteil von Norden und hat 438 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2021), die sich auf einer Fläche von rund 10,52 km² verteilen. Es ist der jüngste Ort Deutschlands und war in seiner Anfangszeit eine eigenständige Gemeinde, später eine Samtgemeinde mit den bis dahin ebenfalls eigenständigen Gemeinden Westermarsch I, Westermarsch II sowie Neuwesteel und wurde im Zuge der niedersächsischen Gebietsreform zum 1. Juli 1972 ein Stadtteil der Stadt Norden.

Nordöstlich grenzt Leybuchtpolder an Neuwesteel, südöstlich an Osteel, südwestlich an Greetsiel und nordwestlich an die Nordsee, von der sie durch den Störtebekerdeich getrennt bzw. geschützt ist.

Namensherkunft

Namensgebend für den Ort ist der Leybuchtpolder, der den größten Teil der Landfläche des Ortes ausmacht. Dieser Name ergibt sich aus seiner Eigenschaft als aus der Leybucht gewonnener Polder.

Wappen

Das Wappen wird etwa mittig von einem Wellenschnitt geteilt. Oben befindet sich ein blaues Kleeblatt auf goldenem Grund, unten ein goldenes Spatenblatt auf blauem Grund. Die Farben veranschaulichen als Stadtfarben die Zugehörigkeit zur Stadt Norden. Es soll versinnbildlichen, dass der Ort mit weitestgehend einfachsten Mitteln (wie z.B. Spaten) dem Meer abgerungen wurde und nun landwirtschaftlich besiedelt wird. Das Kleeblatt ist ein typisches Symbol der Landwirtschaft.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1955 311
1956 474
1861 497
1970 484
2006 460
Jahr Einwohner
2007 449
2008 443
2009 446
2010 445
2016 463
Jahr Einwohner
2020 436
2021 438
2022
2023
2024

Geografie

Leybuchtpolder liegt, wie der Name bereits erahnen lässt, direkt an der Leybucht und wurde in einer Höhe von 1,5 bis 2,0 m über Meeresniveau (NN) im Kalkmarschgebiet direkt an der Nordseeküste als Streusiedlung gegründet. Bis zum Beginn der Einpolderung lag der Ort vollständig unter Wasser. Der größte Teil des Ortsgebietes wurde zwischen 1947 - 1950 eingepoldert.

Geschichte

Mittelalter

Über die frühe Geschichte des Ortes bzw. der Umgebung liegen keine Daten mehr vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Gebiet relativ früh besiedelt war. Nach mehreren verheerenden Sturmfluten des 14. Jahrhunderts, insbesondere der Ersten Dionysiusflut, brachen an vielen Stellen in Ostfriesland die Deiche und die Leybucht erreichte ihre größte Ausdehnung. Sie erreichte eine Fläche von gut 129 km² und dehnte sich von Greetsiel im Westen bis Marienhafe im Osten bzw. dem Rand der Stadt Norden bis nach Canhusen (Gemeinde Hinte) im Süden aus. Allein durch die Erste Dionysiusflut gingen etwa 20.000 Hektar Land verloren. Das Land, auf dem heute Leybuchtpolder liegt, war damit über Jahrhunderte Teil des Meeres und als solcher nicht mehr bewohnbar. Eine Untiefe namens Hohe Plate ließ hier allerdings noch lange Zeit noch das ehemalige Land erahnen.

Neuzeit

In den nächsten Jahrhunderten wurden sukzessive Landgewinnungsmaßnahmen aus der Leybucht vorgenommen, deren Abschluss die Eindeichung des Leybuchtpolders bildete. Durch den Bau des Störtebekerdeichs, wurde die Küstenlinie in ihrem heutigen Verlauf begradigt und das neue Land vor dem Meer geschützt. Bereits 1947 begann ein ganzes Heer von Deicharbeitern unter der Leitung des Karl Wenholt, damals Leiter des Bauamtes für Küstenschutz und Landgewinnung in Norden, mit dem Bau des Deichs. Es galt, eine Fläche von gut 1.000 Hektar dem Meer abzuringen, auf Dauer zu sichern und den fruchtbaren Boden als Weide- und Ackerland urbar zu machen.[1]

Typischer Hof aus der Anfangszeit des Ortes.

Nach Abschluss der Eindeichung im Jahr 1950 wurde 1952 mit der Besiedlung des neu gewonnenen Landes begonnen. Hierbei wurden zu gleichen Anteilen Einheimische und Vertriebene aus dem ehemaligen deutschen Ostgebieten bei der Verteilung berücksichtigt. Bevorzugt wurden dabei die Deicharbeiter, unabhängig ihrer Herkunft, die mit ihrer Arbeit die Besiedlung des Ortes überhaupt erst möglich gemacht haben. Vergeben wurden 53 landwirtschaftliche Betriebe im Umfang von 10 bis 16 Hektar, 21 Betriebe in der Größenordnung von 7 bis 10 Hektar sowie 28 Arbeiter- und Handwerkerstellen, deren Grundstücke einen Hektar umfassten. Als Zuwegung und Verbindungen wurden etwa zwölf Kilometer Straßen angelegt, von denen viele noch in ihrer ursprünglichen, plattenartigen Bauweise existieren. Insgesamt wurden 103 Siedlerstellen geschaffen.[1] Die Gebäude der Anfangsphase waren meist kleine Replikate der großen Gulfhöfe im Stile der bekannten Friesenhäuser und sahen den landwirtschaftlichen Betrieb als Nebenerwerb oder zur Selbstversorgung vor. Erst ab den späten 1950er und frühen 1960er Jahren begann man mit dem Bau regulärer Wohnhäuser.

Offiziell gegründet wurde die zunächst eigenstände Gemeinde schließlich am 1. Juli 1954. Wesentliche Teile des Ortes bestanden aus neu eingedeichtem Land, jedoch wurden auch Teile benachbarter Gemeinde in das Gebiet integriert. Hierbei wurden die Grenzen neu gezogen und vorwiegend alte Deichlinien und Flüsse bzw. Entwässerungsgräben als solche herangezogen. Zu diesem Zeitpunkt gab es Pläne, weitere Eindeichungen vorzunehmen. Die Überlegungen gingen so weit, die gesamte Leybucht dem Meer abzuringen. Aus Naturschutzgründen wurde davon nichts mehr umgesetzt. Die Leybucht und ihre Peripherie ist seit jeher ein Vogelrastgebiet von internationaler Bedeutung. Lediglich kleinere Arbeiten, wie der Bau des Leysiels im Jahre 1991 oder Maßnahmen zur Deichverstärkung wurden vorgenommen.

Mit dem Bau der Leybuchtpolder Schule im Jahr 1955 sowie der Errichtung einer Kirche am Dorfkern wurde Leybuchtpolder schließlich von einer Streusiedlung zu einem Ort mit Dorfcharakter.[1] Am Alten Sielweg entstand ein Feuerwehrhaus und eine Freiwillige Feuerwehr. Ab dem 1. Dezember 1965 wurde Leybuchtpolder zum Hauptort und einer Teilgemeinde innerhalb der neu gegründeten Samtgemeinde Leybucht, zu der auch die bis bis dahin ebenfalls eigenständigen Gemeinden Westermarsch I, Westermarsch II und Neuwesteel gehörten. Ein Jahr zuvor, am 6. Juni 1964, wurde der SV Leybucht gegründet. Die Samtgemeinde wurde zum 1. Juli 1972 in die Stadt Norden integriert.

Die anfangs spärliche Infrastruktur wurde ab den 1960er Jahren immer weiter verbessert bzw. aufgebaut. Anfangs gab es hingegen noch nicht einmal eine öffentliche Wasserversorgung, die nach altertümlicher Art über Regenwasserzisternen erfolgte. Um bei Bränden dennoch mit ausreichend Wasser versorgt zu sein, legte man den Dorfteich als künstliche Wasserentnahmestelle für die Pumpen der Feuerwehr an.

1971 wurde ein Nutzungskonzept entworfen, das den Bau eines neuen Dorfes (Neu-Bant) und eine dichte touristische Infrastruktur vorsah. Aufgrund der in den 1970er Jahren zunehmenden Sensibilisierung für den Umwelt- und Naturschutz wurde auch dieses Vorhaben nicht umgesetzt. Ein 1976 erarbeitetes Gestaltungskonzept, das großflächige Vogelschutzgebiete, raumgreifende landwirtschaftliche Nutzung und ein Neu-Greetsiel statt Neu-Bant vorsah, wurde ebenfalls wegen Umweltschutzgründen nicht verwirklicht.[2]

Zum 1. Juli 1972 wurden die Norder Umlandgemeinden im Zuge der niedersächsischen Gebietsreform nach Norden eingemeindet. Süderneuland I und Leybuchtpolder weigerten sich zunächst noch beharrlich (doch letztlich vergebens), die Unterschrift zu leisten, sodass sie per Gesetzeskraft zwangseingemeindet werden mussten.[3] Alle anderen heutigen Stadtteile fügten sich ihrem Schicksal und gaben ihre Eigenständigkeit auf.

Am 1. Juli 2008 wurde der Ort gemeinsam mit Neuwesteel in das Niedersächsische Programm zur Förderung der Dorferneuerung aufgenommen. Ziele der Dorferneuerungsplanung sind die Beibehaltung und Sicherung der charakteristischen dörflichen Eigenart, um den Dörfern und ihren Bewohnern die Möglichkeit zu geben, sich in zeitgemäßer Art und Weise weiterzuentwickeln. Nachdem der Rat der Stadt Norden im Mai 2011 den Dorfentwicklungsplan beschlossen und dieser im Juni 2011 vom Amt für Regionale Landesentwicklung Weser-Ems anerkannt wurde, konnte im Sommer 2011 mit der Umsetzungsphase der Dorfentwicklung begonnen werden.

Mit Jahresende 2021 endete die Maßnahme. In dieser Zeit wurden in beiden Orten drei große Infrastrukturprojekten und zahlreiche weitere Nebenprojekte fertiggestellt, darunter auch zahlreiche Modernisierungen und Instandsetzungen von privaten Höfen und Wohngebäuden. In Leybuchtpolder wurde 2014 bis 2015 der Dorfplatz- Schulelternparkpatz und Steganlage am Dorfteich modernisiert bzw. entsprechend ausgebaut, in Neuwesteel wurde von 2015 bis 2016 ein Dorftreff und ein Bolzplatz am Schulweg errichtet. Von 2019 bis 2021 wurde die ehemalige reformierte Kirche von Leybuchtpolder zum Dorfgemeinschaftshaus Lüttje Kark umgebaut. Nicht umgesetzt wurde hingegen bislang die Ausweisung neuer Bauplätze, die in dem 2011 erstellten Konzept sozial und baulich verträglich bzw. förderlich dargestellt und dringend empfohlen wurde, um dem ansonsten unaufhaltbaren Bevölkerungsschwund entgegenwirken zu können.[4]

Verwaltung

Seit dem Verlust der Eigenständigkeit steht Leybuchtpolder kein Bürgermeister (Gemeindevorsteher), sondern ein Ortsvorsteher vor, der den Ort und seine Interessen gegenüber der Verwaltung und dem Rat der Stadt Norden vertritt. Als eigenständige Gemeinde standen der Verwaltung ein ehrenamtlicher Bürgermeister mit vorwiegend repräsentativen Aufgaben und ein hauptamtlicher Gemeindedirektor als eigentlicher Hauptverwaltungsbeamter an der Spitze der Verwaltung.

Bildung

Der Ort verfügt über eine Grundschule, deren Arbeiten 1955 abgeschlossen wurden. Der Besuch weiterführender Schulen ist - unter anderem - in Norden möglich.

Religion

1960 und 1961 wurden zwei Kirchen gebaut, eine für die evangelisch-lutherischen Siedler und eine für die evangelisch-reformierten. Die reformierte Kirche ist mittlerweile aufgrund Mitgliederschwundes geschlossen. Hier befindet sich heute das Dorfgemeinschaftshaus des Ortes, welches auch Lüttje Kark (niederdeutsch für Kleine Kirche) genannt wird. Die Reformierten nutzen seitdem die Räumlichkeiten der lutherischen Kirche.

Die anderen Konfessionen besuchten seit jeher die entsprechende Gotteshäuser der Stadt, so etwa die katholische Ludgeruskirche an der Osterstraße.

Gesundheit und Soziales

Das nächstgelegene Krankenhaus befindet sich seit jeher in Norden. In Leybuchtpolder gab und gibt es kein Krankenhaus oder ähnliches.

Wirtschaft und Verkehr

Die praktisch einzigen Erwerbszweige Leybuchtpolders sind die Landwirtschaft und der Fremdenverkehr. 1960 gab es in Leybuchtpolder 104 landwirtschaftliche Betriebe, davon zählte nur einer zu den großen Betrieben, 74 zu den mittelgroßen und 29 zu den kleinen Betrieben. 1961 gab es 19 nicht-landwirtschaftliche Arbeitsstätten, von denen vier Handwerksbetriebe waren, was einer Quote von 21 % entspricht. Die Zahl der Erwerbspersonen belief sich auf 315. Der Anteil der Auspendler und Einpendler lag bei 11 bzw. 20 %.

Erwähnenswerte Gebäude

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 149
  2. NWP Planungsgesellschaft (2011): Dorferneuerungs-/Entwicklungsplanung für die Ortsteile Leybuchtpolder und Neuwesteel, S. 22
  3. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 77
  4. NWP Planungsgesellschaft (2011): Dorferneuerungs-/Entwicklungsplanung für die Ortsteile Leybuchtpolder und Neuwesteel, S. 95ff.

Quellenverzeichnis

Siehe auch