Ludgerigemeinde Norden

Aus Norder Stadtgeschichte
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Evangelisch-lutherische Gemeinde Norden

Basisdaten
Gründung um 1527
Auflösung -
Rechtsform Kirchengemeinde
Hauptsitz Am Markt 37

26506 Norden

Die evangelisch-lutherische Ludgerigemeinde ist die mit Abstand größte Kirchengemeinde der Stadt und nach der katholischen Ludgerusgemeinde auch die zweitälteste. Sie entstand in der reformatorischen Bewegung in der Mitte des 16. Jahrhunderts.

Heute gehören die Kernstadt und Tidofeld zur Gemeinde, während beispielsweise Westermarsch I und Westermarsch II der Andreasgemeinde zugehörig sind.

Geschichte

Anfänge

Bis zur Reformation gab es auch in Norden nur die katholische Glaubensrichtung. Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther schließlich seine 95 Thesen, in der er deutliche Kritik an der katholischen Kirche übte, an die Schlosskirche zu Wittenberg. Etwa zehn Jahre später verbreitete sich sein Gedankengut auch in Norden. Es kommt zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern des alten und des neuen Glaubens. Am 1. Januar des Jahres wird die Spaltung der Norder Glaubensgemeinschaft durch die sogenannte Norder Disputation faktisch besiegelt. In den Folgejahren lösen sich das Kloster Marienthal und das Kloster Norden auf bzw. werden durch Graf Enno II. säkularisiert. Der evangelische Glauben setzt sich durch und verdrängt den Katholizismus.

Doch auch ineinander sind die Evangelen zerstritten und spalten sich in die evangelisch-lutherische und die evangelisch-reformierte. Verschärft werden die Glaubenskonflikte in der Mitte des 16. Jahrhunderts durch die - eigentlich gemeinsam - regierenden Grafen Johann II. und Edzard II. Cirksena. Während Johann II. sich zum reformatorischen Calvinismus bekennt, vertritt Edzard II. die lutherische Glaubensrichtung, die sich schließlich auch durchsetzt.

Fortsetzung

Die neue Lehre fand unter den Ostfriesen viele Anhänger, sodass sich die Gemeinde schnell entwickelte. Einer der ersten Pfarrer war Hinrich Reese, der zur Norder Disputation einlud und damit der Reformation entscheidend den Weg ebnete.[1]

Als 1531 Balthasar von Esens in der Stadt wütete und dabei auch die Andreaskirche zerstörte, welche die Norder nicht wieder aufbauten, wurde die Ludgerikirche zur alleinigen Pfarrkirche. Die Pfarrstellen wurden dabei von den Grafen eingesetzt, auch hier setzten sich letztlich die Lutheraner durch. Seit 1565 war das erste Pfarramt mit dem gemäßigt reformierten Pastor Andreas Larletanus und das zweite Pfarramt mit Adolph Empenius besetzt, der stark reformiert orientiert war. Als Larletanus am 13. Juli 1577 überraschend verstarb, geriet Norden in den seit Machtkampf zwischen Johann II. und Edzard II. Beide Brüder beanspruchten das Recht für sich, die vakante Pfarrstelle mit einem Geistlichen ihrer Wahl besetzen zu dürfen. In diesem Machtkampf setzte sich letztlich Edzard II. durch und im Frühjahr 1578 wurde Empenius seines Pfarramts enthoben und seine Stelle mit einem Lutheraner besetzt. Die Reformierten wichen zunächst in das Gasthaus aus, das Johann II. ihnen als Predigtstätte zuwies. Nachdem sie auch dort im Jahre 1579 vertrieben wurden, hielten sie ihre Gottesdienst in Lütetsburg ab. Anderen christlichen Konfessionen war es bis in das 18. Jahrhundert verboten, ihren Glauben in der Stadt öffentlich zu praktizieren. Mit dem Bau der reformierten Bargeburer Kirche fanden die Reformierten schließlich wieder ein eigenes Gotteshaus - wenn auch außerhalb der Stadt.[2]

Die Konkordate von 1599, geschlossen zwischen den Landständen und dem Landesherrn, schrieben den Konfessionsstand der einzelnen ostfriesischen Gemeinden genauso fest, wie das Gemeindewahlrecht bei den Pfarrstellenbesetzungen. 1631 wurde daher eine neue Kirchenordnung für die lutherischen Gemeinden erarbeitet, deren zweite Auflage von 1716 bis heute gültig ist. Der Gottesdienst in Norden folgte jedoch noch 1720 einer Ordnung, die Hofprediger Johannes Ligarius im Jahre 1583 entworfen hatte.[3]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war die Ludgerikirche erstmals am 30. Januar 1934 Schauplatz nationalsozialistischer Propaganda. Die Norder Pastoren hielten einen Dankgottesdienst ab. Doch wollten sich die Geistlichen offenbar nicht gänzlich den neuen Machthabern beugten, verhinderten sie doch bis immerhin zum Frühsommer 1942, dass die Partei dort für die nationalsozialistischen Christen eigene Veranstaltungen abhielt.[4] 1943 wurde aus Sorge vor Luftangriffen die Arp-Schnitger-Orgel abgebaut und das Kloster Möllenbeck in Rinteln an der Weser verbracht und von dort im Sommer 1945 wieder nach Norden transportiert. Die Orgel überstand den Krieg und den Transport weitestgehend unversehrt und führte in den schweren Nachkriegsjahren mit ihrem Klang zur Erbauung und inneren Besinnung für die Zivilbevölkerung und (ehemalige) Wehrmachtsangehörige. Die Glocken werden im Januar 1942 abgenommen, einige von ihnen werden eingeschmolzen, andere überstehen den Krieg und werden schon kurz nach dessen Ende von der Spedition Peter Janssen wieder zurück zum Glockenturm transportiert.[5][6]

Einzelnachweise

  1. Foraita, Heinz (1985): Dein sind die Zeiten, Herr. Die Geschichte der Katholischen Gemeinde Norden. Herausgegeben zur 100-Jahr-Feier der St.-Ludgerus-Kirche zu Norden, Norden, S. 8
  2. Rödiger, Hans-Bernd / Ramm, Heinz (1983): Friesische Kirchen im Auricherland, Norderland, Brokmerland und im Krummhörn, Jever, S. 98
  3. Smid, Menno (1974): Ostfriesische Kirchengeschichte. Ostfriesland im Schutze des Deiches, Pewsum, S. 321
  4. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 33
  5. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 283f.
  6. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 39

Siehe auch