Norder Stadtblatt

Aus Norder Stadtgeschichte
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Das Norder Stadtblatt (Untertitel: Zeitung für Stadt und Land) war eine von Johann Friedrich Schmidt herausgebrachte, liberal ausgerichtete Tageszeitung, die erstmalig am 27. Mai 1848 erschien und deren Druck im Juli 1890 eingestellt wurde. Sie erschien jede Woche jeweils mittwochs und samstags.

Geschichte

Schon 1844 hatte Schmidt die Genehmigung zum Druck beantragt, doch wurde sie ihm erst nach der Revolution 1848 und der dadurch gewonnenen Pressefreiheit gewährt.[1] Die Auflage umfasste zu Beginn einen Umfang von 750 Zeitungen und erschien zwei Mal wöchentlich (mittwochs und samstags)[2], später offenbar zu keinen festgelegte Tagen.[3][4] Die erste Ausgabe rief entsprechend des revolutionärischen Geises dazu auf, die Pressefreiheit zu nutzen, um Missstände anzuprangern, aber dieses Privileg zugleich nicht zu missbrauchen.[5]

Dem Stadtblatt war indes nur ein kurzes Leben beschert, bereits im Juli 1890 ging der Verlag nach 43 Ausgabejahrgängen ein.[1][6] Über die Gründe lässt sich nur mutmaßen, vermutlich sympathisierten die meisten Leser mit dem Ostfriesischen Kurier, der eher konservativ denn sozialdemokratisch ausgerichtet war, was der politischen Orientierung der meisten Norden Bürger in dieser Zeit entsprach. Zudem befasste sich das Norder Stadtblatt zu einem Großteil mit auswärtigen oder gar internationalen Themen und weniger mit dem regionalen Geschehen.

1891 brachte Schmidt als Nachfolgezeitung die Ostfriesischen Neusten Nachrichten und 1907 die Norder Zeitung heraus, denen jedoch ebenfalls nur ein kurzes Leben beschieden war.[1]

Spottgedicht über Ostfriesland

1853 erschien im Norder Stadtblatt ein Gedicht eines hannoverschen Offiziers, der mit seiner 50 Mann starken Wachtruppe von Osnabrück nach Aurich abkommandiert wurde, was seinerzeit von manchen als Strafe erachtet wurde. Für sich zum Trost und zur Erheiterung seiner Kameraden in Osnabrück verfasste er zum Silvesterabend ein längeres Spottgedicht über Ostfriesland. Die aus Ostfriesland stammende Frau eines Osnabrücker Regimentskameraden schrieb das Gedicht ab und schickte es vermutlich zu ihrer Verwandtschaft nach Norden, und hier wurde es schon am 27. Januar im Norder Stadtblatt veröffentlicht.[7] Das Gedicht beginnt und endet folgendermaßen:

„Wer kennt das Land nicht, wo der Torf die Erde.

Und arger Nebel stets den Himmel deckt?

Wer kennt das Land nicht, das bei deinem ‚Werde!‘

Der Herrgott selber erst zuletzt entdeckt?

Wer kennt das Volk nicht, das bei seinen Rindern

Selbst ochsenartig aufgewachsen ist?

Wer kennt das Volk nicht, das den kleinen Kindern

Statt Milch den Fusel in den Rachen gießt?

Ein Kamm ist eine Fabel; man betrachtet Seife

Als Sage einer unbekannten Welt.

Von fremden Sachen hat sich nur die Pfeife

Und der Schnaps zum Friesenvolk gesellt.“

Nach der Veröffentlichung im Norder Stadtblatt löste das Spottgedicht in ganz Ostfriesland eine Welle der Entrüstung aus. Die Ostfriesische Zeitung kommentierte das Gedicht am 29. Januar 1853 als "aberwitzigen Erguß einer taumelnden Muse". Der öffentliche Aufruhr machte das Gedicht zu einem Politikum, und der Leutnant wurde umgehend von Aurich nach Osnabrück zurückbeordert. Von Düring erwartete ein Verfahren „wegen Abfassung eines Spottgedichts auf die Provinz Ostfriesland“, aber mit Arrest bestraft wurde schließlich der Offizier, dessen Frau das Gedicht nach Ostfriesland weitergeleitet hatte.[7]

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 86
  2. Norder Stadtblatt vom 4. Januar 1865, S. 1
  3. Norder Stadtblatt vom 27. Mai 1848, S. 1
  4. Basse-Soltau, Ursula (2007): Biographie des Diedrich Gerhard Soltau, veröffentlicht bei der Ostfriesischen Landschaft
  5. Behrends, Berend-Heiko (1969): Zwei Jahrhunderte Steinbömer Tabak, Norden, S. 34
  6. Haddinga, Johann / Stromann, Martin (2000): Norden/Norddeich - Eine ostfriesische Küstenstadt stellt sich vor, Norden, S. 45
  7. 7,0 7,1 Blog für ostfriesische Geschichte, abgerufen am 31. Mai 2021

Siehe auch