Warft

Aus Norder Stadtgeschichte
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Eine Warft (auch Warf, Werfte u.a.) ist ein künstlich angelegter (selten natürlicher), aus Erde aufgeschütteter Siedlungshügel, der dem Schutz von Menschen und Tieren bei Sturmfluten dienen soll. Vor dem Beginn des Deichbaus in Ostfriesland um das Jahr 1000 waren Warften der einzige Schutz vor Sturmfluten. Ursprünglich wurden die Warften gebaut, um ganze Siedlungen zu schützen und hatten daher beachtliche Ausmaße. Warften für einzelne Gehöfte oder Gebäude wurden erst später angelegt.[1] Noch heute befinden sich viele alte Gebäude, vor allem Gulfhöfe in der Westermarsch und der Ostermarsch auf Warften, da diese Gegenden im Vergleich zur Norder Kernstadt, relativ tief liegen. Aber auch die Andreaskirche mitten im Stadtkern wurde ursprünglich auf einer Warft erbaut. Heute befindet sich dort der Alte Friedhof.

Der Vorteil von Warften war, dass diese - im Vergleich zu einem Deich - relativ schnell erbaut waren. Außerdem wurden durch den Bau von Deichen auch Entwässerungsmaßnahmen notwendig, denn diese hielten das Wasser letztlich auf beiden Seiten zurück. Der größte Nachteil von Warften ist und war jedoch, dass sie nicht die für den Lebensunterhalt notwendigen Felder schützten. So waren die Felder nach Überflutungen regelmäßig zerstört und versalzen, die Ernte damit verloren. Daher waren die Felder auch die ersten, die von Ringdeichen umschlossen wurden, während die Wohnhäuser zunächst weiter auf Warften gebaut wurden.

Neben ihrer primären Aufgabe - dem Schutz von Hab und Gut vor Sturmfluten - dienten die Warften auch dem Schutz vor dem Binnenwasser, welches seinerzeit insbesondere im Winter wegen des allgemein höheren Grundwasserspiegels, dem schweren Marschboden und einem unzureichenden Entwässerungssystem nur schwer abfließen konnte.[2]

Kalkwarf

Eine Kalkwarf(t) bezeichnet einen Standort, an dem sich eine Kalkbrennerei bzw. Kalkmühle zur Gewinnung von Kalk aus Muscheln befindet. Es sind mehrere Standorte überliefert, so etwa Am Kalkwarf, auf dem Zuckerpolder, nahe der Alten Ziegelei zu Westermarsch I, am Ende der Sielstraße, auf dem Eilandje oder gegen des Torflöschungsplatzes am Berumerfehnkanal.

Warfsleute

Als Warfsleute wurden Eigentümer kleinerer Höfe oder Häuser genannt, die auf Warften standen. Sie standen damit in der sozialen Hierarchie über den Arbeitern, aber unter den Herdbesitzern. Sie hatten dementsprechend geringere Rechte. So besaßen sie keine ganzen Stimmen bei den Wahlen zum Landtag und in kirchlichen und schulischen Angelegenheiten, wie zum Beispiel der Wahl des Schulmeisters (Lehrers). In den Gemeinheiten durften sie wenig Vieh weiden lassen, auch der Nutzungsanteil am kollektiven Ackerland war begrenzt.

Trivia

Der römische Offizier Pilnius, der während der Germanenkriege im 1. Jahrhundert nach Christus in die Region kam, schrieb in seinen Berichten davon, dass hier "ein beklagenswertes Volk hohe Erdhügel, die mit Maßgabe der höchsten Flut errichtet sind" bewohne und dass die Menschen auf diesen bei Flut Seefahrern, bei Ebbe jedoch Schiffbrüchigen gleichen.[3]

Einzelnachweise

  1. Geschichte des Deichbaus, abgerufen am 20. Dezember 2021
  2. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 37
  3. Haddinga, Johann / Stromann, Martin (2000): Norden/Norddeich - Eine ostfriesische Küstenstadt stellt sich vor, Norden, S. 27

Siehe auch