Zweites Siel

Aus Norder Stadtgeschichte
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Zweites Siel

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Basisdaten
Entstehungszeit 1757 (1573, 1706, 1747)
Erbauer Stadt Norden
Bauweise Siel
Erhaltungszustand 1932 abgebrochen
Genaue Lage Am Hafen

26506 Norden

Der oder das Zweite Siel (auch: Zweites Norder Siel; seit 1756: Großes Norder Siel) war der Nachfolgebau des weiter nördlich liegenden Ersten Siels. Es entstand im Zuge der Bauarbeiten zum Norder Hafen und wurde 1932 abgebrochen. Heute erinnert noch ein Teil des alten Sielhautes auf der Neuen Mühlenbrücke an das einst ebenso stolze wie wichtige Siel.

Bezeichnung

Siel ist ein friesisches Wort und kann zuerst um 1280 nachgewiesen werden. Ein eng verwandter Begriff aus dem Hochdeutschen ist seihen. Die Bezeichnung Siel ist auf altes friesisches Siedlungsgebiet beschränkt, was dazu führt, dass es für die gemeinte technische Entwässerungseinrichtung in Deutschland ausschließlich, in den Niederlanden weitgehend nur in den Provinzen Groningen und Friesland Verwendung findet. Der spezifischere Begriff lautet Entwässerungsschleuse (ndl. spuisluis).

Im ostfriesischen Plattdeutsch ist Siel, so wie im Friesischen, aus dem der Begriff Sîl ererbt worden ist, wohl ursprünglich ein Maskulinum. Auch im Nordniederländischen sagt man bis heute de zijl. Im Hochdeutschen und zunehmend im ostfriesischen Platt gebraucht man das Wort Siel umgangsssprachlich als Neutrum, was ebenfalls im Saterfriesischen zu beobachten ist (die oder dät Siel). Dadurch kommt es vor, dass in der Fachliteratur (Wasserwirtschaft, Siedlungsgeschichte) sehr häufig von der Siel die Rede ist, während in der Umgangssprache vorwiegend das Siel Verwendung findet. Es kann vermutet werden, dass der Genuswechsel auch dadurch befördert wird, dass sich das Wort Siel als Neutrum in Hamburg als allgemeiner Begriff für jeglichen Abwasserkanal etabliert hat.

Geschichte

Nachdem das Erste Siel durch die Neulandgewinnung und den Bau des Neuen Süderdeiches bis 1583 seine Bedeutung verlor, übernahm das schon ab etwa 1570 errichtete und 1573 fertiggestellte Zweite Siel die Aufgabe der Stadtentwässerung.[1] Von seinem Standort aus (zunächst noch etwas weiter südlich)[2] entwässerte es unmittelbar in das Norder Tief. Wegen der großen Bedeutung des Siels kümmerten sich drei Sielrichter gleichzeitig um seine Instandhaltung: Einer aus der Stadt Norden und zwei aus dem Amt Norden.[3]

Nach der Petriflut 1651 war es so beschädigt worden, dass man - offenbar jedoch nur notdürftig - reparierte. 1690 stellte man fest, dass eine Neuanschaffung notwendig wird, da das abgängige Siel keinem Sturm mehr standhalten würde. Wegen Geldmangels erwarb man jedoch nur ein gebrauchtes in der Stadt Leer und platzierte es weiter nördlich des Vorgängersiels. Doch auch dieses Siel hielt nicht lange und es versank im weichen Untergrund. Abermals (1706) musste ein neues Siel erbaut werden, diesmal an seiner heutigen Stelle.[4][5] Der Bau kostete die Stadt insgesamt 4.537 Gulden und 9 Stüber.[1] In der Folge mussten die Hafengebühren erhöht werden, um die Ausgaben refinanzieren zu können.[4] 1747 wurden die Arbeiten an dem nun abermals neugebauten Siel vollendet.[6] Bei der Verfestigung des Siels mit dem Deich kam auch eine größere Menge Unrat zusammen, der sich im Laufe der Zeit am Ende der Sielstraße angehäuft hatte.[7]

In dem seinerzeit eigens errichteten Sieltorhaus befand sich damals nicht nur die Hafenmeisterei, hier wurden auch die (hölzernen) Ersatzsieltore gelagert.[8] Nachdem über Jahrhunderte Sturmfluten und Versandungen die aus Holz erbauten Siele immer wieder zerstörten, baute man 1756 bis 1757 zum ersten Mal einen Siel aus Stein.[1][9] Um dieses vor Beschädigungen durch losgerissene Schiffe zu schützen, legte man einen waagerechten Balken, den sogenannten Störmpaal (Sturmpfahl) vor die Tore.[10] Dieser war ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Jugendliche, die von hier aus dem Treiben am Hafen zusahen.[11]

Wesentliche Teil des Siels wurden erst 1931 abgerissen, nachdem es durch den Bau des Leybuchtsiels im Jahre 1929 seine Bedeutung verlor.[1][12] Die Überbleibsel wurden bis 1932 abgetragen.[13] Am Norder Hafen befinden sich jedoch bis heute noch Überbleibsel des steinernen Oberbaus als Denkmal.

Funktionsweise

Siele dienten seit ihrer Entstehung vorwiegend der Entwässerung der tiefliegenden Marschgebiete. Vor dem Bau des Leybuchtsiels war auch das Norder Tief den Tiden (Ebbe und Flut) unterworfen. Bei Flut schlossen sich die Sieltore durch den entstehenden Wasserdruck, sodass sich das aus den Marschgebieten zum Siel laufende Wasser anstauen konnte. Bei Ebbe ließ der von außen drängende Wasserdruck nach, sodass die Tore sich nun durch den inneren Wasserdruck öffneten und das Wasser aus dem Entwässerungsgraben (niederdeutsch: Schloot) drückte.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Schreiber, Gretje (2011): Das Norder Hafengebiet und seine beiden Häfen im 16. Jahrhundert, Manuskript
  2. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 84
  3. Cremer, Ufke (1929): Beschreibung der Stadt und des Amtes Norden. Nachdruck des Originals von Hermann Wichmann Grems, Norden, S. 41
  4. 4,0 4,1 Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 85
  5. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 91
  6. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 125
  7. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 143f.
  8. Stöver Christof (2000): Menschen und Geschichten um den Norder Hafen, in: Heim und Herd, Beilage Ostfriesischer Kurier, 2. Juni 2000, S. 17-20
  9. Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 328
  10. Klaffke, Hermann (2005): Küstenbadeort Norden-Norddeich, Erfurt, S. 47
  11. Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 15
  12. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 44
  13. Ramm, Heinz (1989): Popke Fegter (1874-1946). Sein Leben und sein Wirken im Norderland, Norden, S. 20

Siehe auch