Hermann Neupert (1727)

Aus Norder Stadtgeschichte
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Hermann Neupert II. (* 1. Januar 1727 in Norden; † 20. November 1807 ebenda) war wie sein gleichnamiger Vater ein angesehener Goldschmied, der es in Berlin zu hohem Ansehen beim preußischen Königshof brachte.

Leben

Nach seiner Lehre, die er wohl im väterlichen Betrieb absolvierte, ging Neupert auf Wanderschaft und kam schließlich nach Berlin, wo er 1762 den Bürgereid leistete und sich als Meister niederließ. Zu diesem Zeitpunkt muss er schon geraume Zeit in der preußischen Hauptstadt gelebt und gearbeitet haben, denn im Mai 1762 heiratete er Johanna Judith Hilscher aus Potsdam. Im folgenden Jahr zeigen die Namen der Taufpaten des ersten Kindes, dass Neupert mit zwei der bedeutendsten Goldschmiede Berlins, Marggraff und Küsel, freundschaftlich verbunden war. Für das Ansehen, das er sich in seinem Beruf erwarb, sprechen die Aufträge, die er erhielt, besonders die umfangreichen Arbeiten für den königlichen Hof.

Nach zehn- bis elfjähriger Tätigkeit als selbständiger Meister verließ Neupert die Residenzstadt und kehrte in seine Norder Heimat zurück. Warum, ist unklar - wahrscheinlich waren jedoch es wirtschaftliche Erwägungen: Norden bot dem Edelschmied bessere berufliche Möglichkeiten als Berlin, wo nach 1770 die Zahl der zünftigen Goldschmiede sprunghaft anstieg und zugleich die Konkurrenz der heimischen Porzellanmanufaktur immer stärker wurde. Auch kehrte Neupert mit der Ernennung zum königlichen Postmeister in seine Heimatstadt zurück und ist dort viele Jahre in zwei Berufen tätig gewesen. Seine im eleganten Rokokostil gefertigten silbernen Geräte fanden auch in der Provinz ihre Käufer, und die Zahl der Gegenstände mit dem Meisterstempel „Neu=pert“ und dem Norder Stadtwappen lässt auf einen gutgehenden Betrieb schließen. Von keinem anderen ostfriesischen Goldschmied des 18. Jahrhunderts ist ein ähnlich umfangreiches Gesamtwerk bekannt.

Aus dem Gesamtwerk ragen die prachtvollen Leuchtergarnituren heraus, die das gekrönte Monogramm Friedrichs des Großen tragen und eine Ergänzung des königlichen Tafelsilbers darstellen, das Christian Lieberkühn ab 1747 angefertigt hat. Neuperts Kerzenhalter und seine vier- und fünfarmigen Kandelaber sind schwungvoll in der Form, reich dekoriert mit Rocaillen, Blättern und Blüten und ähneln den Leuchtern von Lieberkühn, verkörpern aber im Detail und im Gesamtbild einen fortgeschrittenen Rokokostil. Von Neuperts Kandelabern ließ Kaiser Wilhelm I. Kopien herstellen, von denen fünf im Haus Doorn (Niederlande) zu sehen sind.

Unter den in Norden entstandenen Arbeiten Neuperts befinden sich auffallend viele Kannen, meistens Kannenpaare: Kaffee- und Teekanne, Kaffeekanne und Kanne für heiße Milch; zweimal wird das Kannenpaar durch Zucker- und Teedose zu einem Service ergänzt. Die typische Neupert-Kanne lässt eine meisterliche Technik im Treiben des Silbers erkennen: Der birnenförmige Körper wird beiderseits zwischen Griff und Ausguss fast bedeckt von einer großen Rocaille, die von einer Ranke durchzogen und mit Blüten gefüllt ist; die Verzierungen unter dem Ausgus reichen bis unter die Kannenmitte herab, lassen aber ausreichend glatte Flächen frei; der hochgewölbte Deckel, ebenfalls mit getriebenen Blüten und Blättern geschmückt, trägt einen gegossenen Knauf in Gestalt einer plastischen Rose.

Sparsamer dekoriert, nur mit einer Blütengirlande umwunden, ist die Kanne mit dem Wappen der Familie zu Inn- und Knyphausen, jetzt im Oldenburger Landesmuseum. Wie alle diese Gefäße dienten auch die übrigen Werke Neuperts fast ausnahmslos dem Schmuck der festlichen Tafel: Präsentierteller, Leuchter, Zuckerstreuer, Fischheber, Löffel und Gabeln. Erwähnt sei eine Deckelterrine, die nicht nur mit getriebenen Blumen und Ranken, sondern auch mit gegossenen Griffen in floraler Gestalt versehen ist. Die Terrine mit der Norder Stadtmarke im Boden gehört heute zum Bestand des Metropolitan Museums in New York.

Neupert hat seine sämtlichen Arbeiten in jenem Rokokostil ausgeführt, den er in Berlin kennenlernte und den er bald meisterhaft beherrschte. Der Einfluss der damals bedeutendsten Silberschmiede Berlins, Lieberkühn und Marggraff, ist unverkennbar. Neupert hat seine Vorbilder aber nicht einfach kopiert, sondern seinem Werk einen eigenen, persönlichen Ausdruck verliehen. Ein Vergleich mit den anderen Norder Silberschmieden und ihren Arbeiten im Rokokostil zeigt das hohe technische und künstlerische Niveau des in Berlin geschulten Meisters. Von einem Gesellen, der in Norden bei Neupert arbeitete und sich um seine Zulassung als Meister bemühte, ist das Bewerbungsschreiben erhalten. Darin weist der Geselle auf "viele kunstvolle Stücke" hin, "welche man sonst hierzulande nicht verfertigt", sondern die nur in Neuperts Werkstatt entstanden.

Dem Rokoko blieb Neupert bis zum Ende seines langen Berufslebens treu, während die anderen Norder Meister in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts sich den Formen und Dekorationen des Louis-Seize zuwandten. Man kann das beharrliche Festhalten am Bekannten und Bewährten als einen Mangel an Beweglichkeit und an Gefühl für den Zeitwandel ansehen.

1807 starb Neupert hochbetagt im Alter von 80 Jahren. Sein Sohn Johann Georg Neupert, der während seiner Zeit in Berlin geboren wurde, wurde 1797 Bürgermeister der Stadt Norden.[1]

Einzelnachweise

Quellenverzeichnis

Siehe auch