Hof Selden Rüst

Aus Norder Stadtgeschichte
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Hof Selden Rüst

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Basisdaten
Entstehungszeit 1788-1789 (16. Jhdt.)
Erbauer Hindericus Wieben
Bauweise Steinhaus mit Scheune
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Alleestraße 20

26506 Norden

Selden Rüst (auch: Seldenrüst) ist der Name eines Hofes aus dem 18. Jahrhundert an der Alleestraße 20 in Westgaste. Aufgrund eines seitlich des Eingangs als Wappenträger aufgestellten Löwen wird das Gebäude auch als Löwenhaus bzw. Löwenhof bezeichnet.

Geschichte

Als erster Besitzer wurde der Drost Ulrich Harringa genannt, dem unter anderem auch das Vossenhus gehörte. Der Hof war adelig frei, was bedeutet, dass der Besitzer keine Abgaben in Form von Steuern leisten musste und auch sonst über mehrere Privilegien verfügte. Allerdings musste er zu bestimmten Anlässen beim Hofe in Aurich erscheinen und dort Ritterdienste leisten.[1] Denkbar ist, dass der ursprüngliche Bauherr des heutigen Gebäudes ein wohlhabender Großbauer der Westgaste, damals noch Teil der Gemeinde Sandbauerschaft oder der Westermarsch war.

1761 brannte die ehemalige kleine Scheune ab, das Vorderhaus blieb stehen.[1] 1788 wurde der Hof wieder ein Raub der Flammen, da einer der Knechte auf der Dreschdiele geraucht hatte, sodass ein erneuter Neubau erforderlich und 1789 von Deichrichter Hindericus Wieben fertiggestellt wurde.[2][3] Dadurch kam der Hof zu seinem Namen Selden Rüst, was im Niederdeutschen Selten Ruhe bedeutet.[1]

Der Chirurg Johann Ludwig Clemens Wickel erstand das Gebäude 1818 zusammen mit seiner Ehefrau Siemke Muhlenben Fegtes und ließ einen drei Diemat großen Garten, wohl im französischen Stil, anlegen. Nach ihm wurde die Besitzung Wickelbörg genannt, woraus später Wickelei bzw. Wickelee wurde.[1] Um 1860 wurde das Gebäude um den bis heute erhaltenen, landwirtschaftlichen Anbau erweitert.[4] Von 1848 bis 1857 nutzte die Norder Bürgerwehr das Gelände als Exerzierplatz und veranstaltete hier ihr Preisschießen.[5]

1894 erwarb Abbo Dieken das Gebäude. Nach ihm wurde später die anliegende Straße Diekens Drift benannt. Zum Zeitpunkt seines Erwerbs standen die Löwen, die den Eingang an beiden Seiten flankieren, bereits an Ort und Stelle, sodass unklar bleibt, wer sie dort aufstellte. Mitbürger hätten Dieken erzählt, die Löwen hätte einst ein Kapitän von einer Reise nach Afrika mitgebracht.[6]

In den 1920er Jahren lebte der Heimatdichter Arend Dreesen in dem Hause.[3] Nach mehreren Jahren als (angesehene) Gastwirtschaft dient das Gebäude heute nur noch zu Wohnzwecken. Die heutigen Besitzer betrieben in dem Hof bis zum Jahr 2014 zudem mehrere Ferienwohnungen. Eine im ehemaligen Park des Hofes errichtete Ferienhaussiedlung wurde unter dem Projektnamen Park am Löwenhof zwischen 2012 und 2013 errichtet.

Beschreibung

Das Gebäude ist ein Gulfhaus des ostfriesischen Typs, wobei beim Vorderhaus nicht die klassischen Ziegelsteine zur Verwendung kommen. Der geschweifte Giebel des Gebäudes ist mit vier Figurenaufsätzen verziert, welche Wassergottheiten darstellen. Seinen Namen erhielt das Haus von den seitlich des Eingangs als Wappenträger aufgestellten Löwen. In seinem Inneren gibt es ein im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte entstandenes Kachelzimmer mit italienischen Kacheln, Bibelfliesen und Delfter Kacheln. Bei den jüngsten Sanierungsarbeiten wurden zudem im Küchenbereich mehrere Deckenmalereien entdeckt, die die Eigentümer im Zuge der Renovierung freilegen ließen und wodurch sie nun wieder sichtbar sind.[7]

Am nördlichen Giebel trägt das Gebäude die lateinische Inschrift: Ab aqua et igne hominuque furore libera nos domine (deutsch: Vor Wasser und vor Feuer und vor Wut der Menschen schütze uns Gott).[6] Die Inschrift stammt offenkundig aus dem Jahr des Neubaus 1789 und nimmt Bezug auf den Brand, der zur Zerstörung des Hofs führte.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Schreiber, Gretje (2011): Höfe in der Sandbauerschaft, Manuskript
  2. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 49
  3. 3,0 3,1 Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 122
  4. Haddinga, Johann / Stromann, Martin (2001): Norden/Norddeich – Eine ostfriesische Küstenstadt stellt sich vor, Norden, S. 80
  5. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 85
  6. 6,0 6,1 Sanders, Adolf (1988): Unsere Stadt hinterm Deich, Norden, S. 23
  7. Beschreibung auf RouteYou.de, abgerufen am 12. April 2021

Siehe auch