Jugendheim (Klosterstraße)

Aus Norder Stadtgeschichte
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Jugendheim

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Basisdaten
Entstehungszeit 1930-1931
Erbauer Arbeitersportbewegung
Bauweise Ziegelsteinbau
Erhaltungszustand 1974 abgebrochen
Genaue Lage Klosterstraße 7

26506 Norden

Das Jugendheim an der Klosterstraße war eine Kinder- und Jugendherberge sowie Versammlungsorte vieler Norder Vereine. Es wurde von der sogenannten Arbeitersportbewegung, einer sozialistischen Sportbewegung, die in Deutschland von von 1893 bis 1933 existierte, unterhalten und ging aus einer Zichorienfabrik von Ubbo Otten hervor.

Geschichte

Das Jugendheim wurde im Hauptgebäude der altehrwürdigen und überregional bekannten Zichorienfabrik Otten errichtet, die mindestens seit 1895 existierte.[1] Die Fabrik, die in ihren besten Jahren 22 Mitarbeiter hatte, ging in den 1920er Jahren ein, das Hauptgebäude wurde daraufhin 1930 von der sozialistischen Arbeitersportbewegung erworben und in weitestgehend ehrenamtlicher Basis restauriert.[2][3] Am 20. Dezember 1931 wurde das Heim seiner Bestimmung als Versammlungs- und Heimstätte für Kinder und Jugendliche übergeben.[4]

Wegen der ideologischen Nähe wurde das Jugendheim, getragen vom Jugendheim e.V., auch von der Kinder- und Jugendabteilung der Freien Turnerschaft genutzt.[5] Neben den Freien Turnern nutzte noch der Radfahrverein Frisch Auf den Saal für seine Kunstübungen. Auch dieser Verein stand der Arbeiterbewegung nahe.[6] Ebenso wurde der Saal des Jugendheims regelmäßig für Zusammenkünfte der Sozialdemokraten genutzt.[7]

Schon kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde die Arbeitersportbewegung von den neuen Machthabern zur Auflösung gezwungen. Das Jugendheim wurde den Sozialisten am 26. April 1933 entrissen, nachdem es am genannten Tag durch SA-, SS- und Polizeiverbände gestürmt worden war.[7][8] Das Jugendheim blieb jedoch als solches vorerst in kommunaler Hand bestehen, ehe es 1943 des Zweiten Weltkriegs zu einer Konservenfabrik bzw. Gemüsetrocknerei umgebaut wurde.[3][7][8] Diese war unter den Namen Ulrich Sabarth über die Stadtgrenzen bekannt und zog nach dem Krieg auf das (ehemalige) Wehrmachtsgelände in Hage, wo sich heute die Firma cwTec GmbH befindet.[9] Ein freier Raum wurde von der nationalsozialistischen Organisation Bund Deutscher Mädel als Heim genutzt.[10] Der Trägerverein des Jugendheims wurde mit Verordnung des Norder Landrats am 5. Juli 1934 aufgelöst.[8]

Die ab 1949 wieder freien Räumlichkeiten wurden ab 1953 erneut vom Radfahrverein genutzt.[6][11] Auch fand hier wegen der durch den großen Flüchtlingszustrom stark gestiegenen Schülerzahlen ein Teil des Unterrichts der Gewerbeschule statt.[12] Zudem konnte das Gebäude wieder als Jugendherberge dienen.

Ein Nebengebäude der einstigen Fabrik wurde nach dem Erwerb durch die Stadt Norden ab 1933 als Unterstellmöglichkeit für den wachsenden Fuhrpark der Feuerwehr genutzt. Das 1936 erbaute Feuerwehrhaus selbst wurde schließlich auf dem Grund ehemaliger Arbeiterwohnungen der Fabrik errichtet, die im Aussehen denen der Häuser am östlichen Burggraben ähnelten.[3]

Am 2. April 1951 ging das Jugendheim schließlich wieder in den Besitz der Sozialdemokraten zurück, wurde jedoch einige Zeit später an den Landkreis Norden verkauft.[13] 1959 wurde das Nebengebäude durch neue Feuerwehr-Fahrzeughallen ersetzt, das Hauptgebäude des Jugendheims wurde 1974 für den Bau der Feuerwehrtechnischen Zentrale abgebrochen.[9]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Preußische Grundkarte von ca. 1895 (Erste Landesaufnahme)
  2. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 181
  3. 3,0 3,1 3,2 Freiwillige Feuerwehr Norden (1986): 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr der Stadt Norden, Norden, S. 18
  4. Forster, Hans / Schwickert, Günther (1988): Norden. Eine Kreisstadt unterm Hakenkreuz, Norden, S. 114
  5. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 5
  6. 6,0 6,1 Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 16
  7. 7,0 7,1 7,2 Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 201
  8. 8,0 8,1 8,2 Forster, Hans / Schwickert, Günther (1988): Norden. Eine Kreisstadt unterm Hakenkreuz, Norden, S. 115
  9. 9,0 9,1 Zeitzeugenbefragung vom 15. Oktober 2021
  10. Forster, Hans / Schwickert, Günther (1988): Norden. Eine Kreisstadt unterm Hakenkreuz, Norden, S. 92
  11. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 41
  12. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 81
  13. Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 205

Siehe auch