Lagerkirche Tidofeld

Aus Norder Stadtgeschichte
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Lagerkirche Tidofeld

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Basisdaten
Entstehungszeit 1938 (1948)
Erbauer Wehrmacht
Bauweise Holzbaracke
Erhaltungszustand um 1961 abgebrochen
Genaue Lage Rheinstraße

26506 Norden

Die Lagerkirche Tidofeld (auch: Barackenkirche) wurde 1946 in einer Baracke im Vertriebenenlager Tidofeld eingerichtet und zwei Jahre später als solche geweiht.

Geschichte

Nachdem die ehemalige Wehrmachtskaserne in ein Vertriebenenlager umgebaut wurde, kam bei den Bewohnern schon bald der Wunsch nach einer eigenen Kirche auf. Zwar befand sich die Bargeburer Kirche in relativer Nähe, doch waren die meisten Bewohner Anhänger der evangelisch-lutherischen Ausrichtung. So kam es, dass schon 1946 ein leerstehender Raum in der Baracke 2, der nordwestlichen Baracke in unmittelbarer Lage an der Heerstraße, für Gottesdienste benutzt wurde. Die Räumlichkeiten und die laufenden Kosten wurden unter den Bewohnern solidarisch geteilt und die drei im Lager vertretenen Konfessionen (evangelisch-lutherisch, evangelisch-baptistisch und römisch-katholisch) hielten ihre Gottesdienste abwechselnd ab.[1][2]

1948 wurde den Bewohnern einige Baumaterialien zugeteilt. Die auf hölzernen Pfählen stehende Baracke wurde mit Steinen untermauert, weiterhin wurden neue Fußbodendielen verlegt, neue Fenster eingebaut und die Wände renoviert. Im Inneren wurden 18 Bänke und 20 Stühle nebst eines Altars aufgestellt. Für die Katholiken wurde zusätzlich ein Nebenaltar mit einer Christusfigur errichtet. Im August des Jahres waren die Arbeiten abgeschlossen, die Kirche wurde am 8. August eingeweiht.

Als 1950 der Landesbischof Lilje das Lager besuchte, wurde ihm von den Bewohnern der Wunsch nach einer eigenen Glocke offenbart. Auf seine Vermittlung stiftete der Bochumer Verein, ein Zusammenschluss mehrerer Zechen und Stahlwerke aus Bochum, eine Glocke gestiftet, die am 13. Oktober 1951 eintraf. Hierfür errichtete man einen eigenen, hölzernen Glockenturm an der Barackenkirche und weihte sie am 21. Oktober des Jahres. Bemerkenswert war, dass die Glocke in ihrem Cis-Ton auf jene der Bargeburer Kirche abgestimmt war.

Am 15. Juni 1961 erfolgte die Grundsteinlegung der Gnadenkirche Tidofeld als Nachfolger der bisherigen Barackenkirche. Am 19. Dezember 1961 wurde sie mit einem Gottesdienst feierlich eingeweiht und diente fortan der evangelisch-lutherischen Kirche.[2] Die anderen Konfessionen wichen nun in die anderen Kirchen der Umgebung aus. Die alte Glocke wurde zunächst bei der Friedhofskapelle genutzt, doch auch dort verblieb sie nur kurze Zeit und wurde schließlich auf dem Bauhofsgelände gelagert, ehe sie ab dem 14. November 1981 ihren bis heute bestehenden Platz vor der Gnadenkirche fand und dort seither als Denkmal dient. Der Glockenturm an sich fand eine neue Verwendung auf dem Neuen Friedhof.

Die letzte Baracke wurde 1964 abgerissen. Zwischen 1961 und 1964 wurde daher auch die ehemalige Kirche abgebrochen. Heute stehen in ihrer Umgebung mehrere Wohnblocks.

Gedicht[3]

Ein Bewohner des Lagers verfasste anlässlich der Einweihung der Kirche ein Gedicht, das er persönlich an den Pastoren richtete:

Du armes Kirchlein Tidofeld, aus Bretterwänden hergestellt, bist Spiegelbild der Flüchtlingswelt.

Du freundlich Kirchlein Tidofeld, wenn Gottes Sohne dich erhellt.

Du liebes Kirchlein Tidofeld, wie hören wir in dir so gern, die Worte Gottes, unseres Herr'n.

Nicht in Ludgeris düst'rer Pracht, sie wurde nicht für uns erdacht.

Uns lockt nicht Schnitger-Orgelbraus, es ist Ostfriesen Gotteshaus.

Und lieben sie's, so ist es recht, es kam und ging ja ihr Geschlecht.

Doch unser Stolz kann dies nicht sein, wer fragt nach unseren Ahnenreih'n?

Wo uns der Glaube ward gelehrt, der Heimat Kirchen sind zerstört.

Doch ist dies noch nicht Leid genug, die Gräber ebnete der Pflug.

Wer kann ermessen unseren Schmerz, trägt er nicht selbst ein Flüchtlingsherz?

D'rum danken wir dem Herrn der Welt, der Sie zum HIrten uns bestellt.

Wenn Sie uns künden Gottes Wort, in Tidofeld, ist Heimat dort.

D'rum frag ich nicht mehr nach dem Wie.

Ob alt, ob neu die Liturgie.

Bleibt uns das Kirchlein nur - und Sie.

Galerie

Literatur

  • 50 Jahre Tidofeld. 1946-1996.

Einzelnachweise

  1. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 45f.
  2. 2,0 2,1 Geschichte der Gnadenkirche Tidofeld, abgerufen am 30. Juli 2021
  3. Kurzvideo über die Not- und Barackenkirche, abgerufen am 22. Februar 2022

Siehe auch