Nadörst

Aus Norder Stadtgeschichte
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Nadörst

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Basisdaten
Administrativer Stadtteil Süderneuland II
Ungefähre Lage südlich des Stadtgebiets

Nadörst ist der Name eines (informellen) Stadtviertels von Norden. Es liegt im Stadtteil Süderneuland II und stellt dessen südlicher Ausläufer dar. Im Gegensatz zu allen anderen Stadtvierteln, die im Gegensatz zu den Stadtteilen keine administrative Bedeutung haben, sondern nur als geografische oder alltagssprachliche Orientierung dienen, ist Nadörst mit Ortsschildern an der Bundesstraße ausgeschildert. Der Name leitet sich vom niederdeutschen Wort für Nachdurst ab. Auf dem Heimweg vom Markt kehrten Marktbeschicker und -besucher in die hiesigen Gaststätten ein, um ihren Durst nach getaner Arbeit zu stillen.

Geprägt wird der Ort durch eine weitestgehend nur vereinzelte Bebauung, die sich vor allem auf den Bereich Altendeich konzentriert. Daneben finden sich hier einige Gewerbebetriebe, ein Autohaus und eine Tankstelle.

Geografie

Nadörst befindet sich südlich bis südöstlich der Kernstadt und von Süderneuland II, zu dem es gehört. Weiter südlich grenzt es an die Nachbargemeinde Osteel. Wie alle Stadtviertel von Norden, die im Gegensatz zu den Stadtteilen nicht offiziell abgegrenzt sind, lassen sich die Grenzen Nadörsts nur grob umschreiben. Im Norden mit Beginn der Wohnbebauung der Bundesstraße, im Osten durch den Berumerfehnkanal und die Grenze zur Nachbargemeinde Halbemond, im Süden durch die Grenze zur Nachbargemeinde Osteel und im Westen durch die alte Deichlinie von 1425.

Diese Abgrenzung ist historisch nicht ganz korrekt, sondern hat sich im Laufe der Zeit eingebürgert. Im engeren Sinne umfasst Nadörst nur den Bereich im Umkreis von etwa 1 km um die heutige Tankstelle. Der nördliche, heute zu Nadörst gezählte Teil, heißt eigentlich Altendeich.

Geschichte

Der Ort auf einem Lageplan aus dem Jahre 1829. Erkennbar ist, dass die Bundesstraße als solche noch nicht existierte.

Der Beginn der Geschichte des Ortes dürfte in der Zeit um 1558 zu suchen sein, als der Wurzeldeich das Land östlich dessen besiedlungsfähig machte. Auf der Karte eines niederländischen Artillerieoffiziers aus dem Jahr 1806 ist der Ort und eine Wassermühle am Leegelandweg bereits verzeichnet. Die Wassermühle diente der Entwässerung des tiefgelegenen Leegelands. Es ist daher davon auszugehen, dass die Besiedlung hier zwischen 1558 und dem 18. Jahrhundert einsetzte.

Größere Bedeutung erlangte Nadörst mit der Fertigstellung des Berumerfehnkanals im Jahre 1796. Der erste Torf wurde hier noch im selben Jahr verschifft. Etwas weiter nördlich vom zu Halbemond gehörenden Gasthaus Waldblick (in Höhe der Fahrradbrücke über den Kanal) befand sich eine kleine Anlegestelle, an der die Kähne halten und Waren umgeschlagen werden konnten.

Erstmalige Erwähnung findet der Ort 1818 als Nadöst. Die heutige Schreibweise ist ab 1823 belegt. Für das Jahr 1848 sind für Nadörst vier Wohngebäude mit 26 Bewohnern belegt. In diesem Jahr wird auch die Alte Nadörster Schule erstmalig genannt. Das Gebäude ist bis heute erhalten, wenngleich es im Laufe der Jahrzehnte mehrfach über- und umgebaut wurde. Es ist anzunehmen, dass mit der Fertigstellung der Chaussee um das Jahr 1845 auch eine größere Besiedlung einherging, da die Menschen von der Lage an der neuen Hauptstraße profitierten wollten und die damit einhergehende Anzahl mehrerer Kinder den Bau einer eigenen Schule erforderte.

Mit dem Anschluss an die Eisenbahn ab 1883 erhielt auch Nadörst einen kleinen Bahnhof. Zunächst befand sich die Strecke - und damit auch die Haltestelle - ungefähr im Bereich der Einmündung der Bundesstraße mit der Nadörster Straße (gen Halbemond). 1906 wurde diese Strecke aufgegeben und die Schienen weiter westlich an die Stelle verlegt, wo sie noch heute verlaufen. Am 19. Mai 1883 berichtete der Ostfriesische Kurier von einem Unglück im Zusammenhang mit der Bahn. Ein Landwirt war mit seiner Pferdekutsche auf dem Weg nach Nadörst, als seine Pferde durch die herannahende Eisenbahn scheuten, der Landwirt stürzte und von seinen Pferden erschlagen wurde. Der Name Nadörst bleibt damit verbunden mit dem wohl ersten tödlichen Bahnunfall Ostfrieslands.

Die Haltestelle wurde bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder aufgegeben, da sie infolge des aufkommenden Individual- und Kraftfahrzeugverkehrs unrentabel wurde und nicht mehr den zeitgemäßen Sicherheitsanforderungen gerecht wurde. Zeitzeugen stellen jedoch noch der Bahnhofsweg und das noch erhaltene Schrankenwärterhaus dar.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde in Nadörst ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet. In einer Holzbaracke waren zwischen 30 und 44 Personen inhaftiert, von denen die meisten Franzosen waren. Einige weitere Kriegsgefangene waren Niederländer. Nadörst besaß mehrere Bunker. Nördlich der Nadörster Straße wurden zudem 2017 beim Umpflügen einer landwirtschaftlich genutzten Fläche, etwa in Höhe Hausnummer 7, einige Betonfragmente entdeckt. Zeitzeugen berichten, dass dies Überreste einer dort befindlichen Flakstellung sein könnten.

Im Jahr 1951 wurde eine neue Schule gebaut. Das Gebäude ist bis heute äußerlich originalgetreu erhalten und wird für Wohnzwecke genutzt. In den nächsten Jahren erhielt der Ort weitere Bedeutung durch sich im Umfeld des Leegemoors ansiedelnde Industrie. Einen Anschluss an die Kanalisation bekam der Ort indes erst 2003 mit dem Bau des Südrings. Bis dahin nutzte jedes Haus eine eigene Kläranlage oder Sickergrube. Dieser altertümliche Umstand besteht heute nur noch in den abgelegenen Hofstellen und Siedlungen, insbesondere in Westermarsch und Ostermarsch. Im gleichen Zuge mit dem Straßenbau erhielten die Straßen und Häuser des Ortes ihre heutigen Hausnummern. Bis dahin waren die Häuser noch gemäß der alten, chronologischen Nummerierung adressiert, wonach das erst gebaute Haus in Süderneuland II die Nummer 1 bekam, das zweite die 2 und so weiter. Dieses alte System findet sich heute - auf das Stadtgebiet bezogen - nur noch am Verschönerungsweg, dem Leegelandweg und der Bundesstraße.[1]

Erwähnenswerte Gebäude

Erhaltene Gebäude

Das zur Gemeinde Halbemond gehörende Gebäude Nadörster Straße 2 war um 1900 eine Bäckerei und Kolonialwarenhandlungen. Später wurde es zu einer Gaststätte (Gaststätte Nadörst) mit dazugehöriger Bäckerei. Das Gasthaus Waldblick (ehem. Gasthof Stern, Gemeinde Halbemond) wurde etwa 1850 erbaut und war von Beginn an ein Gasthof mit Poststelle. Die Poststelle wurde bis ungefähr 1974 betrieben, das Gasthaus besteht bis heute fort. Zu diesem soll einst auch eine Tankstelle gehört haben.

Abgebrochene Gebäude

Gegenüber des Gasthofs gab es in den 1950er und 1960er Jahren eine kleine Schmiede mit angeschlossenem Fahrradgeschäft und einer Kfz-Werkstatt. Innerhalb dieses Gebäudes war noch ein Lebensmittelgeschäft der Familie Brethorst untergebracht. Die Familie von Brethorst lebte ungefähr zehn Jahre in Nadörst und kam ursprünglich aus Leybuchtpolder. Um 1959 wurde die Autowerkstatt von Familie Beninga übernommen. Anfänglich wurden hauptsächlich Fahrzeuge der Marken DKW und BMW repariert. Später wurde es ein Vertragspartner von Mercedes-Benz und war bekannt als Beninga & Schmehl. Um 2010 kaufte das Autohaus Kannegiesser von der Norddeicher Straße das Gebäude und betrieb dort bis 2018 eine Werkstatt für größere Kraftfahrzeuge. Seitdem hat dort die Gebäudereinigungsfirma GMG ihren Sitz.

Auf dem Parkplatz des vorgenannten Betriebsgeländes befand sich bis etwa Mitte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Bummert, in dem drei Familien wohnten. An der Bundesstraße 116, war früher eine sogenannte Lackfabrik. Vorne ist das Wohnhaus und im hinteren Bereich waren Baracken aus Holz zu finden. Dort wurden Farben und Lacke verarbeitet.

Die von Jan ten Doornkaat Koolman II. angelegte Pomologie wurde in früheren Jahren vom Gärtnermeister Steinbock betrieben. Er züchtete dort Orchideen und Obstbäume. Später war es der Wohnsitz der Familie des Teefabrikanten Onno Behrends und wird auch heute noch als Wohnhaus genutzt.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Zeitzeugenbefragung vom 6. Oktober 2021

Quellenverzeichnis

Siehe auch