Schneekatastrophe 1979

Aus Norder Stadtgeschichte
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Die Schneekatastrophe von 1979 führte zu nie da gewesenen Schneemaßen in ganz Niedersachsen. Besonders in Ostfriesland, wo die Winter bedingt durch das Seeklima meist eher milde ausfallen und größere Schneemengen dadurch selten sind, führte anhaltender Schneefall zu einer umfassenden Belastungsprobe der städtischen Infrastruktur. Viele Menschen waren in ihren Häusern eingeschlossen und konnten teils nur durch Bergepanzer der Bundeswehr befreit werden. Anfang März führten die Schneemassen dann nach Einsetzen von Tauwetter zu massiven Überschwemmungen im Stadtgebiet.

Geschichte

Entstehung

Über Weihnachten 1978 herrschte in ganz Deutschland Tauwetter. Entlang des Rheins gab es Höchsttemperaturen von 10 bis 13 °C. Die deutschen Alpen waren bis zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich weit hinauf schneefrei, Flüsse im Vorland führten Hochwasser. Zum Jahreswechsel 1978/79 erlebte der Norden Deutschlands dann jedoch einen Wintereinbruch, dessen Ausmaße zunächst nicht abzusehen waren. Ende Dezember verschärften sich die Temperaturdifferenzen in Europa; ein stabiles, im Laufe mehrerer Wochen aufgebautes Hochdruckgebiet über Skandinavien und ein Tiefdruckgebiet aus dem Rheinland berührten sich über der Ostsee. Luft aus Hochdruckgebieten strömt generell in Gebiete mit Niedrigdruck; sie rotiert dabei auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn um den Kern des Hochs und wird dabei von ihm weggedrückt: Ein massiver Kälteeinbruch begann. Kurz vor Silvester wurde aus dem zunächst dichten Schneegestöber, das nach und nach das ganze Land überzog, ein ausgewachsener Schneesturm, der mit bis zu Windstärke 10 wütete und fünf Tage andauerte. Die Ostsee vor Sassnitz fror innerhalb weniger Stunden vollständig zu, gleichzeitig gab es ein Ostseesturmhochwasser. In Ostholstein wurden Schneehöhen bis 70 cm verzeichnet. Innerhalb weniger Stunden fielen die Temperaturen um 20 Grad. Am 3. Januar sorgte ein Tief dann zunächst für eine Frostabschwächung und für weitere Schneefälle.

Am 13. Februar 1979 - die Verwehungen des Ereignisses sechs Wochen davor waren noch nicht abgetaut - kam es erneut zu starken Schneefällen und Schneeverwehungen mit ähnlich gravierenden Auswirkungen. Der neuerliche Einbruch traf diesmal vor allem das südliche Schleswig-Holstein sowie große Teile Niedersachsens und die drei Nordbezirke der DDR. Ostfriesland traf es diesmal noch härter als beim ersten Schub. Durch die Vereisung der Überlandleitungen, die früher fast ausschließlich oberirdisch verliefen, waren besonders auf dem Land unzählige Häuser für mehrere Tage vom Strom- und Fernsprechnetz abgeschnitten.[1] Meterhohe Schneemauern machten ein Verlassen viele Häuser nicht oder nur noch durch das Ober- oder Dachgeschoss möglich.

Entwicklung

Zunächst wurde versucht, die Hauptverkehrswege mit Baggern und Raupen zu räumen. Kranke mussten durch die Hilfsorganisationen ins Krankenhaus gebracht werden, Bauernhöfe benötigten Stromaggregate zur Aufrechterhaltung der Klimaanlagen in den Maststätten, am Flökershauser Weg drohte gar das Dach eines Wohnhauses unter den Schneemassen zusammenzubrechen.[1] Nachdem der Oberkreisdirektor den Katastrophenfall ausgerufen hatte, wurde die Bundeswehr zur Unterstützung eingesetzt. Über mehrere Tage, bis zum 21. Februar, wurden unermüdlich die Schneemassen beseitigt und versucht, die Infrastruktur und das Alltagsleben bestmöglich aufrechtzuerhalten. Von der Bundeswehr wurden insbesondere Einheiten aus Hildesheim, Luttmersen, Hannover und Oldenburg eingesetzt. Auch das Hubschraubertransportgeschwader (HTG 64) aus Ahlhorn unterstützte beim Transport von Verletzten und Erkrankten sowie der Rettung von Eingeschlossenen.[2]

Seit dem 19. Februar war es ab Mitternacht bereits weitestgehend möglich, den Berufsverkehr wieder aufzunehmen. Am 22. Februar um 14:00 Uhr wurde der Katastrophenalarm wieder aufgehoben.[2]

Nachwirkungen

Kaum waren die größten Ausmaße der Schneekatastrophe beseitigt, setzte am Nachmittag des 3. März das Tauwetter ein. Das Schmelzen der Schneemassen führte zu massiven Überschwemmungen im Stadtgebiet. Unzählige Keller wurden überflutet, die Feuerwehr war mit allen verfügbaren Fahrzeugen und Pumpen im Dauereinsatz. Sogar Entwässerungsgräben liefen zum Teil über, da sie die Wassermengen nicht fassen konnten. Besonders schlimm traf es die Jugendherberge in Norddeich, wo 240.000 Liter Wasser aus dem Keller gepumpt werden, dieser jedoch durch nachdrückendes Tauwasser immer wieder voll lief. Bei einer Transformatorenstation nahe des Fährhauses konnte das Eindringen des Wassers gerade noch abgewendet werden. Ein Ausfall der Station hätte zu einem Stromausfall in weiten Teilen Norddeichs geführt.[3]

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Feuerwehr Norden (1986): 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr der Stadt Norden, Norden, S. 57
  2. 2,0 2,1 Ostfriesischer Kurier vom 11. Februar 1989, S. 35
  3. Feuerwehr Norden (1986): 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr der Stadt Norden, Norden, S. 65

Siehe auch